Wer an Terence Hill denkt, hat sofort ein Bild vor Augen: Die schelmisch blitzenden, stahlblauen Augen, das verschmitzte Grinsen, die lockere Faust an der Seite seines bärenstarken Freundes Bud Spencer. Er ist der Held unserer Kindheit, der Mann, der mit einer Pfanne Bohnen und einem Augenzwinkern ganze Generationen zum Lachen brachte. Doch wenn die Kameras aus sind und der Applaus verhallt, offenbart sich eine ganz andere Realität. Heute, mit über 80 Jahren, blickt Mario Girotti – so sein bürgerlicher Name – auf ein Leben zurück, das nicht nur von grandiosem Erfolg, sondern auch von tiefen, kaum verheilten Wunden und stiller Einsamkeit geprägt ist.

Es ist eine Geschichte, die weit über den Glanz von Hollywood und Cinecittà hinausgeht. Sie beginnt nicht im Rampenlicht, sondern in der Dunkelheit eines Luftschutzkellers und führt durch die Täler persönlichen Leids, das jeden anderen Menschen vielleicht zerbrochen hätte.

Ein Kind des Krieges: Albträume, die Jahrzehnte blieben

Bevor er der lässige Cowboy wurde, war Mario Girotti ein Kind, das zu schnell erwachsen werden musste. Geboren 1939 in Venedig als Sohn eines italienischen Chemikers und einer deutschen Mutter aus Dresden, zog die Familie 1943 ins sächsische Lommatzsch. Was als Zuflucht bei den Großeltern gedacht war, wurde zum Schauplatz eines Traumas, das Terence Hill bis heute verfolgt.

Er war erst vier Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg seine grausamste Fratze zeigte. Noch heute erinnert er sich an die Bombardierung Dresdens. “Von Lommatzsch aus habe ich das Bombardement miterlebt”, erzählte Hill einmal mit leiser Stimme. “Alles war komplett rot. Der Himmel brannte.” Diese apokalyptischen Bilder brannten sich in die Seele des kleinen Jungen ein. Die psychischen Narben waren so tief, dass er bis zu seinem 30. Lebensjahr von schrecklichen Albträumen geplagt wurde. “Was eine Bombe mit einem Kind macht, bleibt ein Leben lang, auch wenn es körperlich nicht verletzt ist”, gestand er. Dieser frühe Kontakt mit der Sterblichkeit verlieh ihm eine Ernsthaftigkeit, die in starkem Kontrast zu seinen späteren komödiantischen Rollen stand.

Der Zufall, der eine Legende erschuf

Sein Weg zum Ruhm war keineswegs vorgezeichnet. Er war ein schüchterner Junge, der eher zufällig entdeckt wurde. Ein Schwimmwettkampf brachte ihn im Alter von elf Jahren auf den Radar des Regisseurs Dino Risi. Doch der wahre Wendepunkt, der Moment, der Filmgeschichte schrieb, war – wie so oft im Leben – ein reiner Zufall, geboren aus dem Missgeschick eines anderen.

Wir schreiben das Jahr 1967. Am Set des Films “Gott vergibt… Django nie!” (Originaltitel: Dio perdona… io no!) sollte eigentlich der Schauspieler Peter Martell die Hauptrolle spielen. Doch ein Streit mit seiner Freundin endete fatal: In einem Wutanfall trat Martell gegen eine Wand und brach sich den Fuß. Die Produktion brauchte sofortigen Ersatz. Mario Girotti, der eigentlich schon auf dem Sprung nach Deutschland war, wurde zurückgerufen.

Dort, unter der sengenden Sonne Spaniens, traf er auf Carlo Pedersoli, einen ehemaligen olympischen Schwimmer, den die Welt bald als Bud Spencer kennen sollte. Es war keine Liebe auf den ersten Blick, aber eine berufliche Symbiose, die ihresgleichen suchte. Um dem internationalen Markt gerecht zu werden, mussten sie ihre Namen ändern. Mario bekam eine Liste mit 20 Namen und 24 Stunden Zeit. Er wählte “Terence Hill” – nicht aus Eitelkeit, sondern weil die Initialen T.H. denen seiner Mutter, Hildegard Thieme, entsprachen. Eine rührende Hommage an die Frau, die ihm das Leben geschenkt hatte.

Die Chemie der Freundschaft und der Bohnen

Was folgte, war ein Siegeszug ohnegleichen. Bud Spencer und Terence Hill wurden zum Inbegriff des europäischen Westerns. Sie erfanden ein Genre neu: den Prügel-Klamauk, bei dem keine Knochen brachen, sondern nur die Lachmuskeln strapaziert wurden. Ihre Filme wie “Vier Fäuste für ein Halleluja” oder “Zwei wie Pech und Schwefel” sind Kulturgut.

Legendär ist die Szene in “Die rechte und die linke Hand des Teufels”, in der Terence Hill eine riesige Pfanne Bohnen verschlingt. Was so mühelos und gierig aussah, war das Ergebnis eiserner Disziplin: Hill hatte zuvor 24 Stunden gefastet, um den Heißhunger authentisch wirken zu lassen. Der Regisseur war so begeistert, dass die Szene in einem einzigen Take im Kasten war.

Doch hinter dem Erfolg stand eine tiefe, echte Freundschaft. “Wir haben uns nie gestritten”, sagte Terence Hill oft über seine Beziehung zu Bud. In einer Branche, die von Egos und Neid zerfressen ist, war ihre Verbindung ein seltener Leuchtturm der Loyalität. Sie waren wie Brüder – der eine groß, laut und Bohnen liebend, der andere drahtig, athletisch und asketisch. Während Bud in den Drehpausen Pasta verschlang, knabberte Terence an einem Apfel.

Der Tag, an dem die Welt stillstand: Der Tod von Ross

Das Leben von Terence Hill schien perfekt. Er war glücklich verheiratet mit seiner großen Liebe Lori Zwicklbauer, die er am Set kennengelernt hatte, und Vater zweier Söhne, Jess und Ross. Doch das Schicksal, das ihm so viel gegeben hatte, forderte 1990 einen grausamen Preis.

Ross Hill, sein Adoptivsohn, war ein vielversprechendes Talent. Er hatte bereits an der Seite seines Vaters in “Don Camillo” und “Renegade” gespielt. Vater und Sohn planten große gemeinsame Projekte; Ross sollte in einer Realverfilmung von Lucky Luke mitspielen. Doch an einem kalten Januartag in Massachusetts endete alles. Ross starb bei einem Autounfall auf glatter Straße. Er war erst 16 Jahre alt.

Für Terence Hill brach eine Welt zusammen. Der Mann, der Millionen zum Lachen brachte, versank in einer Dunkelheit, aus der es kein Entkommen zu geben schien. Er zog sich völlig zurück, unfähig zu arbeiten, unfähig zu leben. Eine schwere Depression hielt ihn gefangen. “Der Schmerz ist unbeschreiblich”, sagte er später. Die Stille im Haus, das Fehlen des Lachens seines Sohnes – es war eine Tortur.

Jahrelang mied er die Öffentlichkeit. Die Lucky-Luke-Serie wurde zwar gedreht, doch man sah Hill die Trauer in jeder Szene an. Sein Lächeln erreichte seine Augen nicht mehr. Es war sein tiefer Glaube und die unerschütterliche Unterstützung seiner Frau Lori, die ihn langsam, Schritt für Schritt, ins Leben zurückholten. “Die Arbeit hat mir geholfen zu überleben”, gestand er Jahre später in einem seltenen Interview. Aber die Wunde, so sagen enge Freunde, ist nie ganz verheilt. Ein Teil von Terence starb an jenem Tag mit Ross.

Terence Hill turns 85 (29.03.2024)

Ein neues Leben als Priester und die Rückkehr nach Italien

In den späten 90ern und 2000ern erfand sich Hill neu. Als “Don Matteo”, ein fahrradfahrender, kriminalistischer Priester, eroberte er erneut die Herzen der Italiener. Die Rolle schien ihm auf den Leib geschneidert: Ein Mann des Glaubens, der zuhört, der versteht, der menschlich ist. Die Serie wurde ein phänomenaler Erfolg und lief über zwei Jahrzehnte.

Dieser neue Lebensabschnitt markierte auch eine räumliche Veränderung. Nach über 30 Jahren in den USA, in der Nähe von Stockbridge, wo sein Sohn begraben liegt, zog es ihn zurück zu seinen Wurzeln. Er ließ sich in Umbrien nieder, der Region, die er durch die Dreharbeiten lieben gelernt hatte und die auch die Heimat seines Vaters war. Es war eine Heimkehr im doppelten Sinne – zurück nach Italien und zurück zu sich selbst.

Der letzte Abschied vom “Dicken”

Im Jahr 2016 musste Terence Hill einen weiteren schweren Verlust verkraften. Sein bester Freund, sein filmischer Bruder Bud Spencer, schloss für immer die Augen. Der Tod des sanften Riesen traf Hill schwer. Bei der Beerdigung in Rom sah man einen sichtlich gezeichneten Terence Hill, der mit tränenerstickter Stimme Abschied nahm. “Mit Bud war es immer eine Freude”, sagte er. “Ich bin sicher, wenn wir uns wiedersehen, werden seine ersten Worte sein: ‘Wir haben uns nie gestritten!’”

Mit Buds Tod endete endgültig eine Ära. Terence war nun der letzte Überlebende dieses legendären Duos. Die Einsamkeit des Überlebenden ist ein stiller Begleiter geworden.

Wie lebt er heute?

Heute, mit 85 Jahren, ist Terence Hill ruhiger geworden, aber keineswegs untätig. Er hat sich von seiner Paraderolle Don Matteo verabschiedet, um mehr Zeit für sich und seine Familie zu haben. Er lebt zurückgezogen, fernab des typischen Star-Rummels. Er ist immer noch erstaunlich fit, was er seinem lebenslangen Sport (Turnen, Schwimmen) und seiner vegetarischen Ernährung verdankt. Anders als viele seiner Kollegen hat er sich nie in politische Debatten eingemischt, obwohl er als Doppelstaatsbürger (Italien/USA) das Weltgeschehen genau verfolgt.

Doch wer genau hinsieht, erkennt in seinen Augen, die immer noch dieses unglaubliche Blau haben, einen Hauch von Melancholie. Es ist der Blick eines Mannes, der den Gipfel des Ruhms erklommen hat, aber weiß, dass am Ende nur die Liebe und die Erinnerung zählen.

Das Leben von Terence Hill ist keine reine Komödie, wie seine Filme es uns weismachen wollten. Es ist ein Drama mit epischen Höhen und tragischen Tiefen. Dass er trotz des Verlustes seines Sohnes und seines besten Freundes seinen Optimismus und seinen Glauben nicht verloren hat, macht ihn zu einem wahren Helden – größer als jede Rolle, die er je gespielt hat. Er lehrt uns, dass man auch mit einem gebrochenen Herzen weiterlächeln kann, um anderen Freude zu schenken. Und vielleicht ist genau das sein größtes Vermächtnis.

Ross Hill (†16): Terence Hills Sohn starb viel zu früh