Seit über zwei Jahrzehnten blickt die Welt auf Wladimir Putin als das unerschütterliche, fast steinerne Gesicht der russischen Macht. Er inszeniert sich als starker Mann, als Beschützer traditioneller Werte, als unantastbarer Führer. Doch hinter dieser sorgfältig polierten Fassade verbirgt sich eine Geschichte, die auf keinen offiziellen Porträts zu finden ist. Es ist die Geschichte von Ljudmila Ocheretnaya, ehemals Putina, der Frau, die über 30 Jahre lang an seiner Seite lebte – meist im Schatten, oft im Schweigen, und wie wir heute wissen, oft im Leid. Mit 67 Jahren ist das Bild, das sie und enge Vertraute von dieser Ehe zeichnen, vernichtend. Es erzählt von emotionaler Kälte, Isolation und einem Ausbruch in die Freiheit, der fast so filmreif ist wie ihr Kennenlernen.
Keine Blumen, nur harte Fakten
Alles begann Ende der 60er Jahre, als Ljudmila, eine junge Flugbegleiterin mit Träumen von der Schauspielerei, in einem Leningrader Theater einen unauffälligen Mann traf. Wladimir Putin, damals ein junger KGB-Offizier, wirkte auf sie weder charmant noch gut gekleidet. Doch sie blieben in Kontakt. Was folgte, war keine stürmische Romanze, sondern eine “Prüfung”, wie Ljudmila es später nannte. Drei Jahre lang hielt er sie hin, testete sie, blieb undurchsichtig.
Sein Heiratsantrag ist bezeichnend für den Mann, der später die Weltpolitik in Atem halten sollte. Er kam nicht mit Rosen oder Kniefall, sondern mit einer Warnung: “Du weißt, was für ein Mensch ich bin. Ich bin nicht einfach.” Als Ljudmila dennoch Ja sagte, antwortete er pragmatisch: “Dann liebe ich dich und schlage vor, dass wir heiraten.” Es war der Startschuss für eine Ehe, die eher einer strategischen Partnerschaft glich als einer Liebesbeziehung.

Einsamkeit in Dresden und der “Vampir”
Die Jahre in Dresden, wo Putin als KGB-Agent stationiert war, sollten für Ljudmila zur Zerreißprobe werden. Während er in die Geheimdienstwelt abtauchte, saß sie isoliert in einer fremden Umgebung, zog die zwei Töchter Maria und Katerina weitgehend allein groß. Die Anekdoten aus dieser Zeit sind herzzerreißend. Als ihre erste Tochter geboren wurde, war Putin nicht einmal anwesend. Mehr noch: Er bestimmte den Namen des Kindes allein. Ljudmila wollte sie Natascha nennen, er entschied sich für Maria, nach seiner Mutter. “Ich weinte, aber es war nicht zu ändern”, erinnerte sie sich.
Irene Pietsch, eine deutsche Freundin der Familie aus jener Zeit, lieferte später das wohl drastischste Zitat über diese Beziehung. Ljudmila soll ihren Mann als “Vampir” bezeichnet haben – jemanden, der sie emotional völlig aussaugte. Er zeigte kein Interesse an ihren Gedanken, spottete über ihre Interessen wie Astrologie (“Wen interessieren deine Wahrheiten?”) und bot im Alltag kaum Unterstützung. Ljudmila schleppte schwanger Einkaufstüten und den Kinderwagen in den vierten Stock, während ihr Mann zusah. “Er hat mich nie in den Arm genommen”, gestand sie in einem seltenen Moment der Offenheit.
Die unwillige First Lady
Als Putin im Jahr 2000 Präsident wurde, rückte Ljudmila zwangsläufig ins Rampenlicht – einen Ort, den sie hasste. Sie war nicht gemacht für die Rolle der Landesmutter, sie wollte keine Repräsentation, sie wollte Ruhe. Kleidung war ihr oft unangenehm, bei Staatsbanketten wirkte sie verloren. Während andere First Ladies ihre Rolle nutzten, um Glanz zu verbreiten, zog sich Ljudmila immer weiter zurück. Gerüchte machten die Runde: War sie im Kloster? War sie krank?
Die Wahrheit war wohl simpler und trauriger: Sie ertrug das Leben an der Seite dieses Mannes nicht mehr. 2013 folgte dann der Paukenschlag. Nach einer Ballettvorführung im Kreml traten beide vor die Kameras des Staatsfernsehens. Mit steinerner Miene und einstudierter Höflichkeit verkündeten sie das Ende ihrer Ehe. Ein “zivilisierter Scheidung” nannten sie es. Für Ljudmila muss es sich angefühlt haben wie das Öffnen einer Gefängnistür.
Das neue Leben und die geheimen Töchter

Heute scheint Ljudmila das Glück gefunden zu haben, das ihr an Putins Seite verwehrt blieb. Sie ist wieder verheiratet, mit Artur Ocheretny, einem über 20 Jahre jüngeren Geschäftsmann. Berichten zufolge genießt das Paar ein luxuriöses Leben in Europa, mit Immobilien in Frankreich und Spanien. Es wirkt wie der ultimative Sieg: Die Frau, die einst unsichtbar sein musste, lebt nun frei und wohlhabend, weit weg vom goldenen Käfig des Kremls.
Doch was wurde aus den Kindern? Maria Woronzowa und Katerina Tichonowa, Putins offizielle Töchter, führten jahrelang ein Schattendasein. Ihre Identitäten wurden vom Staat geschützt wie Atomgeheimnisse. Sie studierten unter falschen Namen, ihre Karrieren wurden im Stillen gefördert. Heute sind sie erfolgreiche Frauen – Maria als Endokrinologin und Miteigentümerin eines medizinischen Großunternehmens, Katerina als Leiterin eines KI-Instituts und einflussreiche Figur in der Wissenschaftselite. Sie sind Teil jenes inneren Zirkels, der von Putins Macht profitiert, auch wenn ihr Vater sie öffentlich nur vage als “diese Frauen” bezeichnete und nie ihren Namen nannte.
Die Schattenfamilie
Während Ljudmila ging, blieb Putin nicht allein. Hartnäckig halten sich Gerüchte über seine Beziehung zu Alina Kabajewa, der ehemaligen Olympiasiegerin in der Rhythmischen Sportgymnastik. Sie soll ihm weitere Kinder geschenkt haben, die in völliger Isolation und Luxus aufwachsen, bewacht von einer Armee aus Sicherheitskräften. Auch von einer weiteren Tochter aus einer Affäre mit einer ehemaligen Reinigungskraft, Svetlana Krivonogikh, ist die Rede.
Es zeichnet sich das Bild eines Mannes, der sein Privatleben führt wie eine militärische Operation: Alles ist abgeschottet, kontrolliert, strategisch. Frauen steigen auf, werden reich, aber müssen schweigen. Wer redet, wird bestraft. Zeitungen, die über Kabajewa berichteten, wurden geschlossen.
Das Fazit
Ljudmila Putinas Geschichte ist mehr als nur Klatsch. Sie ist ein Schlüssellochblick in den Charakter eines Mannes, der keine Schwäche duldet und für den Kontrolle alles ist. Dass sie es schaffte, sich aus dieser Umklammerung zu lösen und ein neues Leben zu beginnen, zeugt von einer stillen Stärke, die man ihr jahrelang absprach.
Wladimir Putin mag Russland mit eiserner Hand regieren, aber seine Ex-Frau hat gezeigt, dass man auch dem mächtigsten Mann der Welt den Rücken kehren kann, um sein eigenes Glück zu finden. Sie ist nicht mehr die Frau des “Vampirs”. Sie ist endlich einfach nur Ljudmila.

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