Es sind Nachrichten, die jedem Volksmusik-Fan das Blut in den Adern gefrieren lassen. Norbert Rier, die unverkennbare Stimme und das Herz der legendären “Kastelruther Spatzen”, musste sich einem schweren chirurgischen Eingriff unterziehen. Doch in der dunkelsten Stunde der Bandgeschichte entzündet sich ein Licht der Hoffnung, das heller strahlt als jede Bühnenbeleuchtung. Eine Geschichte über familiären Zusammenhalt, musikalische Erben und einen Sohn, der in die riesigen Fußstapfen seines Vaters tritt, um die Tradition zu retten.

Ein Schock für die Volksmusik-Welt

Das Jahr war für den 65-jährigen “Oberspatz” Norbert Rier alles andere als einfach. Bereits im Juli sorgte ein Schlaganfall für große Sorge bei Familie und Fans. Doch das Schicksal meinte es noch nicht gut mit dem sympathischen Südtiroler. Bei den Untersuchungen stellte sich heraus, dass eine Herzklappe des Sängers nicht mehr richtig funktionierte. Ein Zustand, der keinen Aufschub duldete.

Vor wenigen Wochen war es dann so weit: In einer Innsbrucker Spezialklinik musste sich Norbert Rier einer komplizierten Herzoperation unterziehen, bei der die defekte Herzklappe ersetzt wurde. Der Eingriff verlief den Umständen entsprechend gut, doch die Ärzte verordneten strenge Ruhe. Für einen Vollblutmusiker wie Rier, der für die Bühne lebt, eine Hiobsbotschaft. Die Konsequenz schien unausweichlich: Die alljährliche, heiß geliebte Weihnachtstournee der Spatzen stand kurz vor der kompletten Absage. Tausende enttäuschte Fans, leere Hallen und eine Band ohne ihren Kapitän – ein Szenario, das sich niemand ausmalen wollte.

Rettung aus den eigenen Reihen

Doch genau in diesem Moment, in dem die Ratlosigkeit am größten war, zeigte sich, was echtes Spatzen-Blut ausmacht. Die Rettung kam nicht von einem fremden Gaststar, sondern aus dem engsten Familienkreis. Alexander Rier, Norberts 40-jähriger Sohn, zögerte keine Sekunde und bot an, für seinen erkrankten Vater einzuspringen.

Alexander ist in der Szene längst kein Unbekannter mehr. Selbst als erfolgreicher Schlagersänger aktiv, hat er nicht nur das musikalische Talent, sondern auch den Kampfgeist seines Vaters geerbt. Vor einigen Jahren überlebte Alexander selbst einen schweren Autounfall – eine Erfahrung, die ihn geprägt und wohl auch für die großen Herausforderungen des Lebens gestählt hat.

„Alexander hat die Lieder schon als Kind gehört und kennt sie in- und auswendig“, erklärt Albin Groß, der Keyboarder und Akkordeonspieler der Band, gegenüber der Presse. Die Entscheidung, den Sohn ans Mikrofon zu lassen, war also nicht nur eine emotionale, sondern auch eine musikalisch absolut logische Wahl.

“Als wäre die Zeit stehen geblieben”

Was dann auf der Bühne geschah, lässt sich kaum in Worte fassen. Bereits am 27. November stand Alexander Rier erstmals als Frontmann für die Kastelruther Spatzen auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Und die Reaktionen waren überwältigend.

Albin Groß beschreibt das Phänomen treffend: Alexander ähnelt seinem Vater Norbert nicht nur optisch verblüffend, sondern besitzt auch die gleiche Mimik und Gestik. Für langjährige Fans der Gruppe war es ein Moment der vollkommenen Illusion. „Fans, die die Volksmusikgruppe schon lange begleiten, könnten denken, dass die Zeit stehen geblieben sei“, so Groß. Es ist, als würde man einen jungen Norbert Rier sehen, der mit derselben Leidenschaft und Hingabe das Publikum verzaubert.

Ein emotionaler Triumphzug

Die Skepsis, ob ein Ersatzmann die riesige Lücke füllen kann, verflog bereits nach den ersten Takten. Alexander Rier lieferte nicht nur ab – er begeisterte. In den sozialen Medien überschlagen sich die Lobeshymnen. „Authentisch, stark, emotional – ein absoluter Volltreffer“, hieß es in einem Instagram-Beitrag, den Alexander stolz teilte.

Das Programm „Das Beste aus 40 Jahren“ wurde zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Hit reihte sich an Hit, und es gab unzählige Momente, in denen die ganze Halle mitsang. Die Energie, die zwischen dem Publikum, der Band und dem „neuen“ Frontmann entstand, wird als „magische Live-Energie“ beschrieben. Die Formel scheint aufzugehen: Die Spatzen plus Alex ist gleich Gänsehaut pur. Zudem bringt der 40-Jährige, wie Albin Groß schmunzelnd anmerkt, das Durchschnittsalter der Bandmitglieder etwas nach unten – ein frischer Wind, der der Gruppe in dieser schweren Zeit sichtlich gut tut.

Der Blick in die Zukunft

Trotz des grandiosen Erfolgs von Alexander bleibt natürlich der sehnlichste Wunsch aller Beteiligten die vollständige Genesung von Norbert Rier. Der Altmeister plant bereits sein Comeback, lässt sich aber die nötige Zeit zur Erholung.

Nach aktuellen Planungen soll Norbert Rier ab Februar 2026 wieder voll angreifen. Dann gehen die Kastelruther Spatzen mit ihrem neuen Album „Dolomitenschatz“ auf große Tournee. Schon am 26. Februar möchte der “Oberspatz” wieder an seinem angestammten Platz stehen – am Mikrofon, inmitten seiner Band, vor seinen treuen Fans.

Bis dahin jedoch ist die Weihnachtstournee in den besten Händen, die man sich vorstellen kann. Alexander Rier vertritt seinen Vater nicht nur; er ehrt ihn mit jedem Auftritt. Es ist eine Geschichte, die beweist, dass Musik mehr ist als nur Unterhaltung – sie ist Familie, sie ist Heilung und sie ist eine Verbindung, die selbst die schwersten Herz-OPs überdauert. Die Fans können aufatmen und die Konzerte genießen, wohl wissend, dass der “Spatzen”-Geist lebendiger ist denn je.