Es hatte sich angefühlt wie ein Aufbruch. Ein Fünkchen Hoffnung in der verkrusteten Berliner Republik. 18 junge Abgeordnete der Union, die „Junge Gruppe“, hatten den Aufstand geprobt. Sie wollten „Nein“ sagen. Nein zu einem Rentenpaket, das die junge Generation finanziell ausbluten lässt. Nein zu einer Politik, die die Zukunft verpfändet, um die Gegenwart ruhig zu stellen. Doch nun, kurz vor dem entscheidenden Showdown am Freitag, bröckelt die Front. Der erste Rebell ist gefallen – und die Art und Weise, wie dies geschah, lässt tief blicken.

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe und bestätigte zugleich die schlimmsten Befürchtungen vieler Beobachter: Daniel Kölbl, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein, hat angekündigt, seinen Widerstand gegen das Rentenpaket der Bundesregierung aufzugeben. Er wird zustimmen. Nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst.

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„Ich möchte keine Regierungskrise“ – Ein Offenbarungseid?

„Ich möchte keine Regierungskrise“, zitiert der Finanz-Youtuber und Kommentator „Oli investiert“ die Aussage des jungen Politikers. Daniel Kölbl interpretiert seine Entscheidung als Akt der „staatspolitischen Verantwortung“. Die Koalition unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) wackelt, die Mehrheiten sind knapp. Ein geschlossenes „Nein“ der Jungen Gruppe hätte das prestigeträchtige Projekt von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) zu Fall bringen und die Regierung in tiefes Chaos stürzen können.

Doch für viele Kritiker klingt das Wort „Verantwortung“ in diesem Zusammenhang wie Hohn. Ist es nicht die ureigenste Verantwortung eines gewählten Abgeordneten, Schaden vom Volke abzuwenden? Und ist ein Gesetz, das die Sozialabgaben in die Höhe treibt und den Spielraum für Investitionen in Bildung und Infrastruktur auf Jahrzehnte vernichtet, nicht genau dieser Schaden?

Der Verdacht liegt nahe, und er wird im Netz lautstark geäußert: Geht es hier wirklich um das Wohl des Landes – oder um das eigene politische Überleben? Daniel Kölbl steht auf einem attraktiven siebten Listenplatz der schleswig-holsteinischen CDU. Ein Bruch mit der Fraktionsdisziplin, ein offener Affront gegen den eigenen Kanzler und den Landesvater Daniel Günther, hätte ihn politisch ins Abseits manövrieren können. „Surprise, surprise Leute. Es ist genau das eingetreten, was so viele von euch komplett geahnt haben“, kommentiert Oli süffisant. Die Angst vor dem Karriereknick scheint größer zu sein als die Angst vor den Folgen des Rentenpakets.

Johannes Winkel: Der letzte Fels in der Brandung?

Während Kölbl einknickt, richtet sich der Blick hoffnungsvoll auf Johannes Winkel. Der Bundesvorsitzende der Jungen Union (JU) bleibt – zumindest bisher – standhaft. In den sozialen Netzwerken feuert er weiter aus allen Rohren gegen die Reform. „Deutschland braucht dringend Reformen, weil der demographische Wandel in einer präzedenzlosen Weise auf die Staatsfinanzen schlägt“, schreibt er auf X (ehemals Twitter).

Winkel macht deutlich: Die Union darf nicht in Vorleistung gehen und auf eine Reformbereitschaft der SPD hoffen, die es schlichtweg nicht gibt. Seine Analyse ist messerscharf: Wer Arbeitgeber bekämpft, wie es Bärbel Bas mit ihren jüngsten Aussagen getan hat, bekämpft den Wohlstand. Die SPD-Arbeitsministerin hatte Arbeitgeberverbände in der laufenden Debatte scharf attackiert – ein Vorgang, der in einer funktionierenden Regierung eigentlich zur sofortigen Entlassung führen müsste, so die Meinung vieler Kritiker. Doch Kanzler Merz schweigt und duldet, um den Koalitionsfrieden zu wahren.

Merz: Der Außenkanzler | BR24

Die Schuldenbremse und das Ende der Generationengerechtigkeit

Die Argumente der Kritiker sind erdrückend. Es droht eine vollständige Entkopplung des Sozialstaats von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Johannes Winkel warnt davor, dass in naher Zukunft die Schuldenbremse gänzlich fallen muss, nur um die explodierenden Zuschüsse zur Rente zu finanzieren. „Künftige Haushalte versteinern“, sagt er. Kein Geld für Digitalisierung, kein Geld für Schulen, kein Geld für Verteidigung – weil alles in das Rentensystem fließt, um das Rentenniveau künstlich hochzuhalten.

Es ist ein Kampf „Alt gegen Jung“, auch wenn das niemand offen aussprechen mag. Die „Junge Gruppe“ war angetreten, um diesem Automatismus Einhalt zu gebieten. Dass sie nun, beim ersten wirklichen Härtetest, einzuknicken droht, ist für viele junge Wähler ein Schlag ins Gesicht.

Der Druck im Kessel: Spahn, Merz und die Fraktionsdisziplin

Hinter den Kulissen spielt sich ein Drama ab. Jens Spahn, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, kämpft nun – ironischerweise – um jede Stimme für das Rentenpaket. Es werden Einzelgespräche geführt, es wird appelliert, vielleicht sogar gedroht. Die Botschaft ist klar: Wer jetzt ausschert, gefährdet die Macht. Und Macht ist in der Politik die härteste Währung.

Es ist eine „Lächerlichkeit, die nicht zu übertreffen ist“, wie es im Video heißt. Man macht eine Probeabstimmung in der Fraktion, um zu sehen, wie die Stimmung ist, nur um dann die Abweichler so lange zu bearbeiten, bis das Ergebnis passt. Das hat mit freiem Mandat und Gewissensentscheidung wenig zu tun. Es ist Fraktionszwang in seiner reinsten Form.

Freitag: Der Tag der Wahrheit

Nun blicken alle auf den kommenden Freitag. Es ist der „Tag der Entscheidung“. Wird das Rentenpaket durchgeboxt? Werden die restlichen 17 Mitglieder der Jungen Gruppe dem Beispiel von Daniel Kölbl folgen und „staatspolitische Verantwortung“ simulieren, während sie die Interessen ihrer eigenen Generation verraten?

Ông Friedrich Merz vượt qua cuộc bỏ phiếu lần 2, thành tân Thủ tướng Đức -  Báo và Phát thanh, Truyền hình Lạng Sơn - Báo và Phát thanh, Truyền hình  Lạng Sơn

Die Enttäuschung ist bereits jetzt greifbar. „Wir haben staatspolitische Verantwortung“, heißt es in der Erklärung der Gruppe. Doch wem gegenüber? Der Koalition oder den Wählern? Wenn die „Junge Gruppe“ das Rentenpaket mitträgt, hat sie ihre Existenzberechtigung als korrigierendes Gewissen der Partei verspielt. Dann sind sie keine Rebellen mehr, sondern nur noch Stimmvieh für den Machterhalt der Alten.

Für die junge Generation in Deutschland ist diese Woche eine Lektion in Realpolitik. Eine bittere Lektion, die zeigt: Wenn es hart auf hart kommt, zählt in Berlin nicht das bessere Argument, sondern der sicherere Listenplatz. Es bleibt zu hoffen, dass Johannes Winkel und einige wenige Aufrechte standhaft bleiben. Doch die Hoffnung schwindet mit jedem „Umfaller“, der den Kopf einzieht und die Hand für ein Gesetz hebt, an das er selbst nicht glaubt.