Es klingt wie aus einem dystopischen Roman, ist aber bittere politische Realität im Deutschland des Jahres 2025. Während das Land mit Wirtschaftskrise, Migration und maroder Infrastruktur kämpft, scheint die politische Elite in Erfurt und Berlin nur ein Thema zu kennen: Wie werden wir die unliebsame Konkurrenz los? Der neueste Vorstoß von Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) und der Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) sprengt dabei alle bisherigen Maßstäbe. Es geht nicht mehr nur um den politischen Wettstreit, sondern um die juristische Vernichtung des Gegners. Im Fadenkreuz: Die AfD Thüringen und ihr Landeschef Björn Höcke.

Die “Waffen der Demokratie” oder Missbrauch des Rechtsstaats?

Die Schlagzeilen überschlagen sich. Georg Maier und Felor Badenberg haben sich öffentlich für ein Verbotsverfahren gegen den AfD-Landesverband Thüringen ausgesprochen. Doch damit nicht genug: Sie bringen schweres Geschütz in Stellung – die sogenannte Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 des Grundgesetzes. Konkret wird geprüft, ob man Björn Höcke elementare bürgerliche Rechte entziehen kann.

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Was abstrakt klingt, hätte für den betroffenen Politiker verheerende Folgen. Ein solcher Entzug würde bedeuten, dass Höcke weder wählen noch gewählt werden dürfte. Er dürfte keine öffentlichen Ämter bekleiden. Im extremsten Fall könnte dies sogar Auswirkungen auf Eigentumsrechte oder andere bürgerliche Freiheiten haben. Es wäre, so sehen es Kritiker, die vollkommene politische Ausschaltung einer Person durch Staatsgewalt, anstatt durch das Votum der Wähler.

Georg Maier begründete dies mit drastischen Worten: “Wenn unsere Demokratie nicht ihre Waffen zeigt, wird die AfD sie zerstören.” Ein Satz, der tief blicken lässt. Denn wer bestimmt, wann die “Waffen der Demokratie” legitim eingesetzt werden und wann sie zum Instrument der Machtunterdrückung verkommen?

Überwachung ohne Ergebnis?

Besonders brisant an diesem Vorstoß ist die Tatsache, dass die Sicherheitsbehörden die AfD bereits seit Jahren im Visier haben. In Thüringen wird der Landesverband seit 2021 als “gesichert rechtsextremistisch” eingestuft und beobachtet. Das bedeutet: Der Verfassungsschutz darf Telefone abhören, E-Mails mitlesen und V-Leute einsetzen. Man hat, salopp gesagt, “den Laden komplett verwanzt”.

Und dennoch: Wo sind die Beweise für den geplanten Umsturz? Kritiker werfen den Behörden vor, dass trotz massivster Überwachung kaum mehr als polternde Rhetorik und unliebsame Meinungen zu Tage gefördert wurden. Ein Gutachten auf Bundesebene, das hunderte Seiten umfasst, stützt sich größtenteils auf öffentliche Aussagen in Talkshows oder Parlamentsreden. Begriffe wie “Kartellparteien” werden als Beweis für Verfassungsfeindlichkeit herangezogen. Ist Kritik an den etablierten Parteien nun schon ein Staatsverbrechen?

Die Diskrepanz zwischen der behaupteten “akuten Gefahr” und der Realität vor Ort könnte kaum größer sein. In Sonneberg regiert mit Robert Sesselmann seit geraumer Zeit der erste AfD-Landrat. Brennen dort die Häuser? Werden Menschen verhaftet? Nein. Sesselmann musste vor Amtsantritt sogar eine spezielle “Demokratieprüfung” bestehen – und tat dies mit Bravour. Die prophezeite Apokalypse blieb aus, der Landkreis wird schlichtweg verwaltet.

Diese prominenten Politiker verfehlen Direkteinzug in Thüringer Landtag |  MDR.DE

Die Angst der Etablierten vor dem Wähler

Warum also jetzt diese drastische Eskalation? Ein Blick auf die Wahlergebnisse und Umfragen liefert die Antwort. Die SPD kämpft in Thüringen um das bloße Überleben und krebst nahe der 5-Prozent-Hürde. Die CDU hat sich durch ihre Annäherung an das BSW in eine strategische Sackgasse manövriert. Die AfD hingegen bleibt trotz – oder gerade wegen – der dauerhaften Ausgrenzung die stärkste Kraft im Freistaat.

Wenn man den politischen Gegner inhaltlich nicht stellen kann, greift man zum juristischen Holzhammer. Es wirkt wie ein Akt der Verzweiflung. Man versucht, das Ergebnis demokratischer Wahlen nachträglich zu korrigieren, indem man die Gewinner verbietet oder ihnen die bürgerlichen Rechte abspricht.

Migration und Rechtsstaatlichkeit

Ein Hauptvorwurf gegen Höcke und die AfD ist ihre Haltung zur Migration. Doch auch hier lohnt ein nüchterner Blick. Die Forderung, dass Ausreisepflichtige das Land verlassen müssen, ist keine extremistische Fantasie, sondern geltende Gesetzeslage. Wenn Millionen abgelehnter Asylbewerber im Land sind, wie jüngste Zahlen belegen, dann ist das Pochen auf Rechtsstaatlichkeit kein Umsturzversuch, sondern die Einforderung dessen, was der Staat eigentlich leisten müsste.

Das Narrativ, dass Ausländer mit Arbeitsplatz und Integration massenhaft deportiert werden sollen, wird von Kritikern oft als gezielte Desinformation entlarvt. Es dient dazu, Angst zu schüren – bei Migranten und in der bürgerlichen Mitte. Doch wer die Reden und Programme genau liest, findet dort vor allem die Forderung nach der Durchsetzung bestehenden Rechts.

Landesparteitag in Arnstadt - Björn Höcke als Thüringer AfD-Chef im Amt  bestätigt

Ein gefährlicher Präzedenzfall

Sollten Maier und Badenberg mit ihrem Vorstoß Erfolg haben, wäre dies ein Dammbruch in der Geschichte der Bundesrepublik. Zum ersten Mal würde ein relevanter politischer Konkurrent nicht durch Argumente, sondern durch Richterspruch eliminiert. Heute trifft es Björn Höcke. Wen trifft es morgen? Jeden, der zu laut Kritik an der Regierung übt?

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben Artikel 18 als Notbremse für echte Feinde der Freiheit geschaffen, nicht als Instrument für den parteipolitischen Machtkampf. Wer dieses scharfe Schwert zieht, nur um seine eigene schwindende Macht zu sichern, fügt der Demokratie vielleicht den größten Schaden zu, den er eigentlich zu verhindern vorgibt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Gerichte diesem politischen Druck standhalten. Doch eines ist sicher: Der Versuch, Millionen Wählerstimmen für ungültig zu erklären und Oppositionsführer juristisch kaltzustellen, wird den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland nicht sichern, sondern massiv gefährden. Die politische Auseinandersetzung gehört in die Parlamente und an die Wahlurnen – nicht in die Gerichtssäle.