Die Maske der Stärke: Ana Ivanovićs stiller Kampf gegen Angst und die Wahrheit über das Leben nach dem Triumph mit Bastian Schweinsteiger

Die Maske der Stärke: Ana Ivanovićs stiller Kampf gegen Angst und die Wahrheit über das Leben nach dem Triumph mit Bastian Schweinsteiger

Ana Ivanović. Der Name steht für Eleganz, eine kraftvolle Vorhand und ein strahlendes, fast schon unerschütterliches Lächeln. Für Millionen von Fans weltweit war die serbische Tennisspielerin das internationale Symbol für Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Im Jahr 2008 eroberte sie den Gipfel ihres Sports: Sie gewann die French Open bei Roland Garros und stieg zur Nummer 1 der Weltrangliste auf. Was nach außen wie der ultimative Beweis von Stärke und Glück wirkte, verbarg jedoch eine tiefere, schmerzhafte Wahrheit. Hinter den glänzenden Pokalen und der makellosen Fassade führte Ivanović einen stillen, zermürbenden Kampf gegen psychischen Druck, Entbehrungen und Selbstzweifel, der sie Jahre später zu einem radikalen Abschied von der Tennisbühne zwang und ihr Leben grundlegend neu definierte.

Die Geschichte von Ana Ivanović ist somit nicht nur die eines sportlichen Triumphs, sondern vor allem die eines humanen Überlebenskampfes in einer gnadenlosen Hochleistungswelt. Ihr späterer Weg – der Rücktritt mit nur 29 Jahren und die Hinwendung zu ihrem Ehemann, dem deutschen Fußballstar Bastian Schweinsteiger, und ihrer Familie – wurde zur Quelle einer neuen, authentischeren Stärke, die sie heute dazu nutzt, ein wichtiges Tabu zu brechen: das Thema der psychischen Gesundheit im Leistungssport.


Der unerschütterliche Wille: Kindheit in Turbulenzen

Ana Ivanovićs Weg zur Weltspitze ist bereits in ihrer Kindheit von jenem unerschütterlichen Willen geprägt, der sie später auszeichnete. Geboren 1987 in Belgrad, wuchs sie in einer Zeit auf, die von politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in Serbien gekennzeichnet war. Es war eine Ära der Unsicherheit und des Mangels, in der die einfache Kindheit oft dem Chaos der Außenwelt weichen musste. Dennoch entdeckte sie schon mit fünf Jahren ihre Leidenschaft für Tennis, inspiriert von der legendären Landsfrau Monica Seles.

Die Bedingungen für ihr Training waren alles andere als luxuriös. Sie musste oft auf improvisierten Plätzen oder in einem umgebauten, ausgetrockneten Schwimmbecken trainieren. Diese Notlösung wurde zum Sinnbild für ihren eisernen Willen: Wo andere aufgegeben hätten, sah Ivanović eine Möglichkeit. Mit Entschlossenheit und einem außergewöhnlichen Talent arbeitete sie sich schnell an die Spitze. Ihr Sieg bei Roland Garros im Jahr 2008 war die Krönung dieser harten Arbeit und machte sie zur Heldin Serbiens und zu einem internationalen Symbol für Ehrgeiz und die Macht der Selbstüberwindung.


Der Fluch der Krone: Angst, Tränen und Schlaflosigkeit

Der Triumph von 2008 war jedoch auch der Beginn einer tiefen inneren Krise. Der Ruhm brachte eine unvorstellbare Last mit sich. Jede Niederlage wurde in den Medien seziert, jede schwächere Leistung als Zeichen des Abstiegs gedeutet. Ivanović sprach später offen darüber, dass die Zeit nach dem Gipfel von Selbstzweifeln geprägt war. Sie fühlte sich gefangen in einem Teufelskreis aus hohen Erwartungen und der ständigen Angst, diesen nicht gerecht zu werden.

Zu dem mentalen Druck gesellten sich körperliche Probleme. Verletzungen an Handgelenk und Schulter raubten ihr die Leichtigkeit des Spiels. Nächtelanges Grübeln und Tränen wurden zur Realität. Momente, in denen sie sich fragte, ob sie jemals wieder zu ihrer Bestform zurückfinden könnte, waren an der Tagesordnung. Doch in der gnadenlosen Welt des Spitzensports, in der nur die Stärksten überleben, musste Ivanović eine Fassade aufrechterhalten.

Sie enthüllte, dass sie bereits in den Jahren nach dem Triumph unter Angstzuständen und Schlaflosigkeit litt, verursacht durch den permanenten Druck, ihre Spitzenposition zu verteidigen. Nur wenige Eingeweihte – ihre Mutter, Bastian Schweinsteiger und enge Freunde – wussten um diese belastende Wahrheit. Sie fürchtete, dass ein offenes Eingeständnis ihrer psychischen Probleme ihr Image beschädigen und dazu führen könnte, dass sie nicht mehr als Symbol für Stärke und Eleganz wahrgenommen würde. Deshalb lächelte sie in der Öffentlichkeit – selbst an Tagen, an denen sie innerlich erschöpft war und am liebsten alles hingeworfen hätte.

Obwohl die großen Grand-Slam-Erfolge ausblieben, zeigte Ivanović in den folgenden Jahren bemerkenswerte Widerstandskraft. Sie gewann 14 weitere WTA-Titel und blieb eine feste Größe im internationalen Tennis. Ihre kraftvolle Vorhand und ihr aggressiver Spielstil hielten die Fans in Bann, doch der Kampf gegen ihre eigenen Dämonen zehrte an ihr. Der Rücktritt im Jahr 2016 im jungen Alter von 29 Jahren war daher nicht nur ein Schock für die Fans, sondern für Ivanović ein notwendiger, wenn auch schwerer, Schritt, um ihre Gesundheit zu schützen und ein neues Kapitel zu beginnen. Es war der Abschied von einer Identität, die sie fast vollständig verzehrt hätte.


Die venezianische Rettung: Bastian Schweinsteiger als Anker

Nach ihrem Rücktritt konzentrierte sich Ana Ivanović auf ihr Privatleben. Ein entscheidender Wendepunkt in dieser Phase der Neuorientierung war ihre Beziehung zu dem ehemaligen deutschen Fußballstar Bastian Schweinsteiger. Die beiden lernten sich 2014 über gemeinsame Freunde in New York kennen. Aus der Begegnung entwickelte sich schnell eine tiefe Partnerschaft, die von gegenseitigem Respekt und Unterstützung geprägt war.

Im Jahr 2016 gaben sie sich in einer romantischen Zeremonie in Venedig das Jawort. Es war nicht nur das Zusammentreffen zweier Spitzensportler, sondern auch zweier Kulturen: serbischer Leidenschaft und deutscher Beständigkeit. Die Ehe mit Schweinsteiger brachte Ivanović die dringend benötigte Stütze. Er verstand nicht nur den Leistungsdruck eines Spitzensportlers, sondern auch die emotionale Leere, die entstehen kann, wenn die Bühne plötzlich wegfällt. Schweinsteiger ermutigte Anna, sich auf neue Leidenschaften zu konzentrieren, ihre Erfahrungen zu teilen und vor allem auf ihr eigenes Wohlbefinden zu achten. Er wurde zu ihrem wichtigsten Anker und half ihr, ihre Ängste zu verstehen und ihren eigenen Weg zu gehen.

In den darauffolgenden Jahren wuchs ihre Familie. Mit den Geburten ihrer Söhne Luca (2018), Leon (2019) und Stefan (2021) beschrieb Ana Ivanović diese Zeit als die erfüllendste ihres Lebens. Die Mutterschaft stellte sie zwar vor neue emotionale Herausforderungen – der Balanceakt zwischen Familie, öffentlichen Verpflichtungen und persönlichen Projekten führte gelegentlich zu Schuldgefühlen, wenn sie nicht genug Zeit mit ihren Kindern verbringen konnte. Doch die Liebe zu ihrer Familie gab ihr den Mut, ein Leben zu führen, das nicht mehr von Titeln und Ranglisten, sondern von Sinn, Menschlichkeit und bedingungslosem Glück bestimmt wurde.


Die neue Mission: Vom Tennisplatz zur mentalen Gesundheit

Abseits des Platzes fand Ana Ivanović eine neue Identität und eine neue Mission. Sie entschied sich bewusst, ihre Plattform zu nutzen, um Themen aufmerksam zu machen, die ihr persönlich am Herzen lagen.

Ihr Engagement als Botschafterin für wohltätige Projekte, insbesondere für Kinder in Serbien, führte sie an Orte, an denen sie Armut, fehlende Bildungschancen und gesundheitliche Notlagen hautnah erlebte. Diese Begegnungen, die sie an ihre eigene von Unsicherheit geprägte Kindheit in Belgrad erinnerten, wurden zum Antrieb für ihre Stiftung. Ihre Botschaft war klar: Erfolg misst sich nicht nur in Titeln, sondern auch darin, wie man seine Möglichkeiten nutzt, um anderen zu helfen.

Parallel dazu vertiefte sie ihr Engagement in der Modebranche, nicht nur als Model, sondern auch als kreative Beraterin und Designerin in Kooperation mit Marken wie Adidas. Mode war für sie keine Oberflächlichkeit, sondern eine Möglichkeit, Persönlichkeit und innere Stärke auszudrücken – eine Fortsetzung ihres Kampfes mit anderen Mitteln.

Der wichtigste Teil ihrer neuen Mission ist jedoch ihr offenes Bekenntnis zu ihren inneren Kämpfen. Sie hat gelernt, ihre Geschichte als Quelle der Stärke zu nutzen und spricht heute offener über die psychischen Belastungen im Leistungssport. Ein entscheidender Moment war ein öffentlicher Auftritt, bei dem sie zum ersten Mal vorsichtig über ihre Angstzustände sprach. „Es ist keine Schwäche, Hilfe zu suchen“, sagte sie damals – ein Satz, der ein wichtiges Tabu brach und vielen Menschen Mut machte, über ihre eigenen Herausforderungen zu sprechen.


Fazit: Vom Zweifel zur Inspiration

Ana Ivanovićs Leben ist der beste Beweis dafür, dass der Weg zur wahren Größe oft durch die Akzeptanz der eigenen Verletzlichkeit führt. Jahre nach ihrem Rücktritt lebt sie ein Leben, das weit entfernt ist von der Hektik der WTA-Tour, aber nicht weniger bedeutsam.

Mit der unerschütterlichen Unterstützung ihres Mannes Bastian Schweinsteiger hat sie gelernt, ihre frühere Identität, die von Angst und Perfektionsdruck bestimmt war, abzulegen und sich selbst neu zu erfinden. Ihre heutige Tätigkeit ist eine Synthese aus ihrer sportlichen Disziplin und ihrem tiefen menschlichen Wunsch nach Sinnhaftigkeit. Sie ist nicht mehr nur die Tennisspielerin, die große Titel gewann, sondern eine Frau, die ihre Erfahrungen nutzt, um anderen Hoffnung und Inspiration zu geben.

Die tragische Diagnose in ihrem Leben war nicht eine äußere, sondern die innere Auseinandersetzung mit dem Druck des Ruhms und dem Tabu der mentalen Gesundheit. Ana Ivanović hat diesen Kampf gewonnen. Sie hat gelernt, dass Stärke nicht bedeutet, niemals zu zweifeln, sondern trotz Zweifel weiterzugehen und die eigene Geschichte als Quelle der Veränderung zu nutzen. Ihr Vermächtnis ist die Lektion der Authentizität und die unbequeme Wahrheit, dass selbst die größten Ikonen des Sports hinter ihrem strahlenden Lächeln oft die schwersten, unsichtbaren Kämpfe führen. Deutschland und die Welt blicken nun nicht mehr nur auf die ehemalige Nummer 1, sondern auf eine Frau, die ihre Verletzlichkeit in eine neue, tiefgreifende Stärke verwandelte und damit ein Vorbild für Millionen wurde.