Berlin. Ronzheimers Demo-Erlebnis, Bas’ Fehltritt und ein wankendes Rentenpaket – „Markus Lanz“ zeigt, wie brüchig Politik und Debatte wirken.

In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ versucht Moderator Markus Lanz am Dienstagabend eine Lage zu sortieren, die an mehreren Stellen gleichzeitig brennt: das umstrittene Rentenpaket, der Umgang mit der AfD und die Frage, was Donald Trump im Ukraine-Krieg wirklich vorhat.

Wende im Renten-Krimi: Linke will sich enthalten – steht die Mehrheit?

Gießen-Demo und AfD-Kongress: Ronzheimer berichtet von Angriff

„Ich wurde fast eingekesselt“, schildert Paul Ronzheimer, stellvertretender Chefredakteur der „Bild“, wie er bei der Demo in Gießen „einfach mit den Leuten sprechen“ wollte – und plötzlich zur Zielscheibe wurde. „Es war eine Schreierei. Die Leute sind uns hinterher, haben ‚Du Nazi‘ gerufen.“

Er war am Wochenende in Gießen unterwegs, wo die AfD-Jugend ihren Gründungskongress abhielt. Vor der Halle demonstrierten Tausende Menschen. Die Polizei begleitete ihn schließlich weg und brachte ihn mit Kolleginnen und Kollegen zu den Stadtwerken in Sicherheit.

Was ihn daran besonders erschüttert: „Dass selbst jemand wie ich als Nazi bezeichnet wird.“ Für ihn sei das ein Zeichen dafür, „wie sehr diese Gesellschaft auseinandergeht“.

Markus Lanz hinterfragt Rolle der Medien: „Wie sehr sind wir selbst Teil dieses Kulturkampfs?“

Karina Mößbauer, Politik-Chefkorrespondentin bei „The Pioneer“, sieht darin mehr als eine Einzelgeschichte: „Das ist ein Brennglas. Es zeigt, wie extrem die Ränder geworden sind.“ Markus Lanz nimmt den Faden auf und stellt die Frage, die im Raum liegt: „Wie sehr sind wir selbst Teil dieses Kulturkampfs?“ Ronzheimer antwortet: „Wir müssen Journalismus machen – und allen die gleichen Fragen stellen.“

Mößbauer fordert, man müsse unterscheiden: „Wer verfassungsfeindlich handelt, ist kein normaler Gesprächspartner.“ Damit ist die Sendung mitten in der Frage, die politische Talkshows seit Monaten beschäftigt.

AfD-Strategien der Union: Entzaubern statt Ausgrenzen

„Man muss mit der AfD sprechen, um sie inhaltlich zu entzaubern. Wenn man es nicht wagt, hat man diese Momente gar nicht“, erläutert Mößbauer die Strategie die mittlerweile Teile der Union verfolgen. Ronzheimer wirft ein, dass Gewalt gegen AfD-Politiker oft zu wenig erwähnt werde – so auch in Gießen: „Ich weiß, dass andere Reporter angegriffen wurden. Aber auch AfD-Politiker.“

Dem stimmt Markus Lanz zu: „Wir müssen in einem Land leben, in dem sowohl Tino Chrupalla als auch Ricarda Lang nachts ruhig schlafen können.“ Alexander Schweitzer, rheinland-pfälzischer Ministerpräsident und SPD-Vize, setzt eine klare Grenze: „Gewalt ist kein legitimes Mittel. Punkt.“

Das Rentenpaket als Stressprobe für die Regierung

Nach „Caren Miosga“ am Sonntag und „Hart aber fair“ am Montag wendet sich auch diese Runde dem Thema zu, das die Berliner Woche prägt: das Rentenpaket, über das am Freitag abgestimmt werden soll. Ohne das Gesetz würde das Rentenniveau unter 48 Prozent sinken. Die Koalition will die Haltelinie bis 2031 sichern. Doch in der Unionsfraktion wackeln Stimmen – die Junge Gruppe fürchtet verdeckte Mehrkosten.

Lanz fragt Schweitzer, wie ernst die Lage ist, wenn es keine Mehrheit für die Reform, die man vielmehr ein Reförmchen nennen sollte, gibt. „Dann haben wir ein massives Problem. Das darf nicht passieren.“ Eine große Reform 2026, wie es die Union fordert, könne er nicht versprechen: „Ich hoffe es. Aber wichtig ist, dass alle Themen auf den Tisch kommen.“

SPD-Vize kritisiert Bärbel Bas Auftritt beim Arbeitgebertag

Der Abend spitzt sich zu, als Lanz die Rede von SPD-Chefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas anspricht. Sie hatte behauptet, die Haltelinie belaste die Beitragszahler nicht – ein Satz, der beim Arbeitgebertag Gelächter auslöste. Lanz reagiert deutlich: „So ein Satz ist keinem mündigen Bürger zuzumuten.“

Schweitzer versucht, die Wucht abzufedern: „Das war eine emotionale Reaktion.“ Die Arbeitgeber seien nicht die Gegner der SPD. Mößbauer hält dagegen: „Als Ministerin muss man beherrscht bleiben.“ Bas habe ein Bild von „geldgierigen Unternehmern“ gezeichnet – ein Rückfall in eine Rhetorik, die die SPD hinter sich gelassen habe. Ronzheimer sagt, er habe mit SPD-Leuten gesprochen: „Da war Fassungslosigkeit. Man fragte sich: Wie kann die Parteichefin so etwas sagen?“

Auch Lanz wird deutlich: „Das war intellektueller Tiefstflug. Und sich dann beleidigt in die Schmollecke zu stellen und zu sagen: Jetzt wart ihr aber ganz böse zu mir, deswegen erkläre ich euch jetzt zu meinem Hauptgegner.“ An diesem Punkt zieht Schweitzer sichtbar die Reißleine: „Jetzt ist mein Vorschlag, wir haken das ab.“

Theveßen zur Ukraine: „Es geht um milliardenschwere Geschäfte“

Zum Schluss schildert Elmar Theveßen, Leiter des ZDF-Studios Washington, ein Treffen, das in Europa für Nervosität sorgt: Der russische Präsident Wladimir Putin empfing den Trump-Gesandten Steve Witkoff. Theveßen sagt: „Es geht nicht nur um einen Frieden, sondern um milliardenschwere Geschäfte.“

Trump könnte die Ukraine „opfern“, um geopolitische Vorteile in Mittel- und Südamerika zu gewinnen. „Die Europäer beobachten das mit Panik.“ Die Ukraine könnte zur „Verhandlungsmasse“ werden – abhängig von Trumps politischen Prioritäten.