Wie ein Blitz schlug im Spätsommer 1922  die Nachricht von der bevorstehenden   Wiedervermählung von Wilhelm II. ein. Nur ein  Jahr zuvor war Kaiserin Auguste Victoria in Doorn verstorben. Ihre Ehe mit Wilhelm II.  fiel in die Jahre der Weimarer Republik, deren   Abgesang durch Krisen und Arbeitslosigkeit  gekennzeichnet war.

Beide erlebten auch die   schleichende Errichtung von Hitlers Diktatur  und nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges den   Überfall der deutschen Wehrmacht auf die  Niederlande. Am 17. Dezember 1887 erblickte   Hermine als Prinzessin Reuss Älterer Linie in  Greiz, der Haupt- und Residenzstadt eines kleinen   deutschen Fürstentums, das Licht der Welt.

Die  Greizer Bürger waren auf das Ereignis in ihrem   Fürstenhaus gut vorbereitet. Straßen und Häuser  waren festlich beleuchtet und geschmückt.  Geplant war auch ein großer Lampion- und Fackelumzug.  Am Abend fanden sich die Bürger zu zahlreichen   Festveranstaltungen zusammen. Hermine wurde als  vierte Tochter von Heinrich XXII.

und der Fürstin   Ida, einer geborenen Prinzessin zu Schaumburg-Lippe  geboren. Am 16. Januar 1988 verfasste Kaiser Wilhelm I.   als König von Preußen ein Glückwunschschreiben.  Eine Gratulation unterschrieb auch Zar Alexander III.   am 5. Januar 1888 in St. Petersburg.  Hermine wuchs an der Seite ihres Bruders   und ihrer Schwestern in Greiz auf.

Viele frohe  Tage waren ihr nicht vergönnt, da das Schicksal   des Bruders immer wie ein dunkler Schatten auf  der Familie lag. Mutter Ida war außerordentlich   hoch gebildet. Sie beherrschte mehrere moderne und  klassische Sprachen. Es heißt, dass Hermine von   ihr die ausgesprochene Leselust, die sie bis ans  Lebensende begleitete, geerbt hatte.

Hermine selbst hatte nur blasse Erinnerungen an ihre Mutter, da  sie 1891 nach der Geburt ihrer jüngeren Schwester   Ida verstarb. Zu diesem Zeitpunkt war Hermine  noch nicht einmal vier Jahre alt, ihre älteste   Schwester Emma gerade einmal zehn. Ihr Vater  verkraftete diesen Schicksalsschlag nie richtig.

Die Erziehung der Kinder ruhte nun allein auf  den Schultern des Vaters und der Kindermädchen.   Der ganze Hof stöhnte manchmal unter der Last, dem  ihm der Arbeitseifer des Fürsten auferlegte. Da sich   aber der Vater selbst nicht schonte, lernten die  Kinder, seinen Stil zu bewundern und ihm, soweit   es ging, nachzueifern.

Im Fürstentum gab es einen  besonders engen Kontakt zur Bevölkerung.   Das fürstliche Residenzschloss lag mitten in der recht  betriebsamen, von der Textilindustrie geprägten Stadt.  Fast täglich wurden Gäste in das Schloss  eingeladen, um die Mahlzeiten gemeinsam einzunehmen.   Am Tisch wurde regelmäßig mit Beamten, Geistlichen,  Offizieren, Studenten und Geschäftsleuten über das   Tagesgeschehen gesprochen.

Die Sommerferien  wurden regelmäßig in dem landschaftlich   besonders reizvoll gelegenen Schloss Burgk an  der Saale verbracht. Dort fühlte sich Hermine zu   Hause wie sonst nirgendwo, es war ihre “geliebte  und schöne Burgker Heimat”, wie sie 1929 von Doorn aus schrieb. Regelmäßig kam Hermines Tante, die  Prinzessin Marie Ysenburg, zu Besuch in die   alte Heimat.

Sie war die jüngere Schwester  von Hermines Vater. Besonders seit dem Tod   ihrer Schwägerin bemühte sie sich, für familiäre  Abwechslung zu sorgen. Hermine schrieb in ihren   Erinnerungen: “Als ich noch ein Kind war, beflügelte  schon der Kaiser meine Fantasie. Meine Tante, die   von meiner jugendlichen Schwärmerei wusste, trug  dazu bei, dass mein Herz oft noch schneller schlug.

Sie beschenkte mich mit Bildern vom Kaiser, bald  mit einer Fotografie, später mit einer Postkarte.   Kurze Zeit später, am 30. April 1903, fand die  glanzvolle Hochzeit der Prinzessin Caroline,   Schwester von Hermine, mit dem Großherzog  Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar-Eisenach   in Bückeburg statt.

Am Abend des Vortages  traf als Ehrengast Kaiser Wilhelm II. ein.   Ein Journalist von der “Greizer Zeitung”  berichtete, dass sich Wilhelm II. mit   besonderer Liebenswürdigkeit mit der Braut und  der ebenfalls anwesenden niederländischen Königin   Wilhelmina unterhielt, die mit den Familien  der Brautleute verwandt war.

Anlässlich der   Hochzeitsfeierlichkeiten in Bückeburg sollte  Hermine den Kaiser zum ersten Mal persönlich treffen. Seit dem Tod des Vaters verwaiste das  Greizer Residenzschloss nach und nach. Prinzessin   Caroline war die erste, die Greiz verließ. Ihre neue  Heimat sollte das prunkvolle Weimarer Schloss sein,   wirklich wohl gefühlt hat sie sich dort aber nie.

Mehr Glück hatten ihre beiden älteren Schwestern.   Emma, die älteste der Schwestern, war inoffiziell  bereits mit dem Grafen Erich Künigl versprochen.   Die Genehmigung zu dieser zwar nicht  ganz standesgemäßen, aber dafür wirklichen  Liebesheirat hatte Emma ihrem Vater noch auf dem  Sterbebett abgerungen.

In jenen Jahren wurde Hermines   Reiselust geweckt. Nach und nach durchquerte  sie fast alle Teile Deutschlands. Dabei wurde   sie als 16jährige nur von ihrer Kammerfrau  begleitet, die ihr bei der Verbesserung ihrer   Fremdsprachenkenntnisse verhalf. Hermine besuchte  Leipzig, Berlin und Potsdam. Berchtesgaden gefiel ihr besonders gut. In ihren Erinnerungen schrieb  sie Jahrzehnte später, dass sie diesen Ort nach   ihrer Heimatstadt Greiz am meisten liebte.

Immer  wieder zog es sie für einige Wochen im Sommer dorthin. Der Weggang von Caroline, Emma und  Marie stellten ein einschneidendes Erlebnis   für die beiden jüngsten Prinzessinnen Hermine und  Ida dar. Neben den Aufenthalten in Bückeburg nutzten  die in Greiz verbliebenen Schwestern anfangs vor   allem die Möglichkeit, die Schwester Caroline  in Weimar zu besuchen.

Dort gehörten sie zu   den gern gesehenen Gästen, zumal sie fröhliche  Abwechslung in das triste Weimarer Hofleben brachten. Hermine lernte später den 33jährigen  Prinzen Johann Georg von Schoenaich-Carolath kennen.   Es sollte sich um eine vielversprechende  Partie handeln, denn immerhin war der Prinz Erbe   der großen Waldherrschaft Saabor und des Gutes  Mellendorf im schlesischen Kreis Reichenbach.

Die Hochzeitsreise führte das junge Paar nach  Italien. Den Winter verlebten sie in einer   angemieteten Wohnung in Berlin. Sommeraufenthalt  und Hermines neue Heimat wurde das Schloss   Saabor im schlesischen Kreis Grünberg. Die  neue Familie nahm Hermine sehr herzlich auf. Hermine beschrieb ihre Schwiegermutter,  Prinzessin Wanda, als unterhaltsame und gesellige Dame.

Früher war sie einige Zeit Kammerfrau  der Kaiserin Augusta gewesen. Daher kam es   wohl, dass Wanda das städtische Leben in Berlin  der ländlichen Einsamkeit von Saabor vorzog.   Am 3. November 1907 gebar Hermine in Berlin ihren  ersten Sohn, der auf den Namen Hans Georg   getauft wurde.

In Saabor kümmerte sich Hermine  vorwiegend um die Erziehung ihrer Kinder.   Am 16. März 1909 wurde ihr zweiter Sohn Georg Wilhelm und  am 9. Mai 1910 Tochter Hermine Caroline auf Schloss Saabor geboren.   Hermine legte großen Wert auf die  Erziehung ihrer Kinder und verbrachte viel Zeit mit ihnen. “Immer waren wir zusammen, im Garten oder  auf dem Feld.

Wir streiften durch die Wälder und   sammelten Beeren und Pilze. Wenn es möglich war,  begleiteten uns die Kleinen auf unseren Reisen   in die italienischen Kurorte, wo mein Gatte  hoffte, seine angegriffene Lunge heilen zu können”. Prinz Johann Georg starb 1920 an  Tuberkulose. Hermine, erst 22 Jahre alt, war   nun Witwe, Witwe in einer Zeit des Umbruchs.

Gemeinsam mit der Schwiegermutter oblag   ihr nun nicht nur die Erziehung der fünf Kinder,  sondern auch die Verantwortung für die Güter in Saabor,   Mellendorf und Amtitz. Die Verwaltung des großen