Die letzten Worte, [musik] die Kara Bergmann jemals zu ihrer Mutter sagte, waren: “Ich liebe dich. Es war der 18. März 2009, ein sonniger Mittwochmorgen am Flughafen Frankfurt. Klara stand in der Sicherheitskontrolle, drehte sich ein letztes Mal um und winkte ihrer Mutter zu, die hinter der Absperrung wartete.
Ihre Lippen formten die Worte lautlos, aber deutlich: “Ich liebe dich.” Ihre Mutter nickte, lächelte tapfer und hob ebenfalls die Hand. [musik] Sie wußte nicht, daß dies das letzte Mal sein würde, daß sie ihre Tochter sah. Niemand wustte es. Der Flug nach Mexiko sollte der Beginn eines Abenteuers werden. Der Auftakt zu drei Wochen voller Sonne, Kultur [musik] und unvergesslichen Erinnerungen.
Stattdessen wurde er zum Anfang eines Alptraums, der zwei Familien für immer verändern und Ermittler auf zwei Kontinenten vor unlösbare Rätsel stellen [musik] sollte. Klara Bergmann war 23 Jahre alt, aufgewachsen in einer mittelgroßen Stadt in Nordrheinwestfalen. Sie studierte Architektur im fünften Semester an der Technischen Universität Dortmund.
[musik] Ihre Professoren beschrieben sie als talentiert und gewissenhaft, ihre Komelitonen als warmherzig [musik] und abenteuerlustig. Klara liebte es zu reisen. Seit ihrem Schulabschluss hatte sie bereits Halbeuropa gesehen. Von Lissabon bis Kopenhagen, von London bis Athen. Aber Lateinamerika hatte sie schon immer fasziniert.
Die präkolumbianischen Kulturen, die Maja Ruinen, [musik] die Farben und Klänge einer Welt, die so anders war als das graue Deutschland, in dem sie aufgewachsen war. Als ihr Freund Lukas vorschlug, gemeinsam nach Mexiko zu reisen, zögerte sie keine Sekunde. Lukas Hoffmann war 25 Jahre älter als Kara.
Sie hatten sich vor anderthalb Jahren auf einer Studentenparty kennengelernt. [musik] Lukas studierte Maschinenbau an derselben Universität und arbeitete nebenbei als Werkstudent bei einem mittelständischen Unternehmen in Essen. Er war das Gegenteil von Clara in vielerlei Hinsicht. Wo sie spontan und verträumt war, war er strukturiert und pragmatisch.
Wo sie Risiken liebte, suchte er Sicherheit. Aber genau diese Unterschiede zogen sie zueinander. Klara brachte Farbe in Lukas geordnetes Leben und Lukas gab Kara die Stabilität, die sie manchmal brauchte. Ihre Freunde sagten oft, sie ergänzten sich perfekt. Die Mexikoise war Lukas Idee gewesen, aber Kara hatte sie mit Begeisterung aufgegriffen und innerhalb weniger Wochen war aus der Wagenidee ein konkreter Plan geworden.
Die Vorbereitungen hatten Monate gedauert. Klara recherchierte obsessiv über Reiserouten, Sehenswürdigkeiten und versteckte Geheimtipps fernab der Touristenfade. Sie wollte nicht nur Kanun und die Hotelstrände sehen, sondern das echte Mexiko erleben. Die kleinen Dörfer in Chiapas, die vergessenen Maya Ruinen im Dschungel, die authentischen Märkte, [musik] wo Einheimische einkauften.
Lukas kümmerte sich um die praktischen Details. Er buchte Flüge, organisierte Reiseversicherungen, stellte sicher, dass alle notwendigen Impfungen rechtzeitig erledigt waren. Er erstellte sogar eine Exceltabelle mit ihrer geplanten Route inklusive Notfallkontakten und Telefonnummern der deutschen Botschaft [musik] in Mexiko statt.
Kara neckte ihn deswegen, nannte ihn ihren deutschen Ingenieur, aber ins Geheim war sie dankbar für seine Gründlichkeit. [musik] Nicht alle in ihrem Umfeld waren begeistert von der Reise. Emma Müller, Klaras [musik] beste Freundin seit der Schulzeit, hatte von Anfang an Bedenken geäußert. Mexiko ist gefährlich, hatte sie gesagt, als Kara ihr zum ersten Mal von den Plänen erzählte.
Die Nachrichten sind voll von Geschichten über Entführungen und Drogenkartelle. Warum geht ihr nicht nach Spanien oder Portugal? Kara hatte nur gelacht. Das ist übertrieben, Emma. Millionen Touristen besuchen Mexiko jedes Jahr und den meisten passiert überhaupt nichts. Wir bleiben in den sicheren Regionen, machen keine dummen Dinge, alles wird gut.
Emma blieb skeptisch, aber sie erkannte, dass Clara sich bereits entschieden hatte. Am Tag vor Klas Abreise trafen sie sich ein letztes Mal auf einen Caffee. “Versprich mir, dass du vorsichtig bist”, hatte Emma gesagt, ihre Stimme ungewöhnlich ernst. Keine Risiken. Okay. Bleib bei Lukas. Antworte auf meine Nachrichten. Kara hatte genickt und ihre Freundin umarmt. Ich verspreche es.
Mach dir keine Sorgen. Ich bin in drei Wochen zurück mit 1000 Fotos und verrückten Geschichten. Der Flug von Frankfurt nach Cankun dauerte 12 Stunden mit einem Zwischenstopp in Houston. Clara konnte vor Aufregung kaum schlafen. Sie saß am Fenster, Lukas neben ihr, und starrte hinaus in die Dunkelheit, während das Flugzeug über den Atlantik donnerte.
Sie stellte sich vor, wie es sein würde, zum ersten Mal mexikanischen Boden zu betreten, die warme Luft zu atmen, Spanisch um sich herumzuhören. Sie hatte monatelang Spanisch gelernt mit Apps und Onlinekursen und war stolz auf ihre Fortschritte, auch wenn Lukassie oft korrigieren musste. Als sie schließlich in Kanun landeten, war es später Nachmittag.
Die Hitze traf sie wie eine Wand, als sie aus dem klimatisierten Terminal hinaus ins Freie traten. Die Luft war dick und feucht, erfüllt vom Duft von Salzwasser und exotischen Blumen. Clara atmete tief ein und lächelte breit. “Wir sind hier”, flüsterte sie und drückte Lukas Hand. “Wir sind wirklich hier.” Die ersten Tage verbrachten sie in Play del Carmen, einer lebhaften Küstenstadt südlich von Kanun.
Sie hatten ein kleines Hotel gebucht, nur wenige Blocks vom Strand entfernt, mit geka bunten Wandmalereien und einem winzigen Balkon, von dem aus sie das Meer sehen konnten. Die Stadt war eine Mischung aus mexikanischer Kultur und internationalem Tourismus. Auf der berühmten Quinter Avenida reiten sich Restaurants, Bars und Souvenirläden aneinander.
Aber in den Seitenstraßen fand man noch authentische Takerias, wo Einheimische saßen und lachten und wo die Luft nach frisch gemachten Tortillas roch. Klara liebte es durch diese Straßen zu schlendern, während Lukas neben ihr ging und ihre Hand hielt. Sie probierten Tacos als Pastor von Straßenständen, tranken frische Agua de Jamaika und versuchten ihr Bestes, sich mit den Verkäufern auf Spanisch zu unterhalten.
Die meisten lächelten nachsichtig über ihre Fehler und antworteten auf Englisch, aber Kara gab nicht auf. Am dritten Tag besuchten sie die Maja Ruinen von Tulum. Die antike Stadt tronte auf Klippen direkt über dem türkisfarbenen Meer. Ihre steinernen Tempel und Pyramiden von der Zeit gezeichnet, aber immer noch majestätisch. Kara war überwältigt.
Sie stand vor dem Castillo, dem Haupttempel und versuchte sich vorzustellen, wie das Leben hier vor 1000 Jahren gewesen war. Lukas machte Fotos von ihr, wie sie zwischen den Ruinen stand, das Meer im Hintergrund, ihr langes braunes Haar vom Wind zerzaust. Das sind die Bilder, die später in allen Zeitungen erscheinen würden, die Fotos, die Klaras Mutter nicht ertragen konnte anzusehen.
Aber an jenem Tag, am 21. März 2009 waren sie einfach nur zwei junge Menschen auf einer Reise voller Leben und Hoffnung und Träumen für die Zukunft. Nach Tulum stand der nächste große Punkt auf ihrer Route. Klara hatte über eine Region im Landesinneren gelesen, weniger touristisch, authentischer. Dort gab es kleinere Mayastädten, versteckte Zenotes, natürliche Kalksteinhöhlen mit kristallklarem Wasser und Dschungelwanderungen, die einen tief in die grüne Wildnis führten.
Lukas war zunächst zögerlich. “Ist das sicher?”, fragte er. während sie am Abend des vierten Tages in ihrem Hotelzimmer saßen und die Route besprachen. Clara zeigte ihm Bewertungen online, Berichte von anderen Reisenden. “Alle sagen, es ist unglaublich”, sagte sie, “nd wir können einen lokalen Guide buchen, jemanden, der die Gegend kennt.
Es wird ein Abenteuer, Lukas.” “Genau das, wofür wir hergekommen sind.” Lukas sah sie an, sah die Begeisterung in ihren Augen und er konnte nicht widerstehen. Er nickte langsam. Okay, aber wir machen es richtig. Wir finden einen guten Guide. Wir bereiten uns vor und wir bleiben zusammen. Immer. Klara küsste ihn. Immer, wiederholte sie.
Am 25. März nahm sie einen Bus ins Landesinnere. Die Fahrt dauerte mehrere Stunden durch kleine Städte und endlose Abschnitte von Dschungel und Agrarland. Je weiter sie von der Küste wegkam, desto weniger Touristen sahen sie. Die Landschaft veränderte sich, wurde wilder, grüner, ursprünglicher. Sie erreichten San Miguel de Allende, ein kleines Dorf, das als Ausgangspunkt für Touren in die umliegenden Naturschutzgebiete diente.
Das Dorf war malerisch, mit bunten Häusern, einer kleinen Kirche auf dem Hauptplatz und freundlichen Einheimischen, die neugierig die beiden deutschen Besucher musterten. Sara und Lukas fanden eine bescheidene Pension, geführt von einer älteren Frau namens Signora Orti, die kein Wort Englisch sprach, aber deren Lächeln universell verständlich war.

Sie zeigte ihnen ihr Zimmer, einfach aber sauber, mit einem großen Bett und einem Fenster, das auf den Innenhof hinausging, wo Hühner pickten und ein alter Hund in der Sonne döste. Am nächsten Morgen machten sie sich auf die Suche nach einem Guide. Auf dem Dorfplatz sprachen sie mit mehreren Männern, die ihre Dienste anboten.
Die meisten wirkten opportunistisch, zu aufdringlich. Aber dann trafen sie Carlos Mendoza. Carlos war 45, ein stämmiger Mann mit wettergegärbtem Gesicht und ruhiger Ausstrahlung. Er sprach gutes Englisch, dass er, wie er erzählte, von Touristen gelernt hatte, die er seit über 20 Jahren durch die Region führte.
Er kannte jeden Pfad, jede Zenote, jede versteckte Ruine. Lukas befragte ihn ausführlich über Sicherheit, über die Route, über Notfallpläne. Carlos antwortete geduldig auf jede Frage, zeigte ihnen sogar Referenzen von früheren Kunden. Klara mochte ihn sofort. Er hatte etwas väterliches, Vertrauenswürdiges. Sie buchten ihn für eine dreitägigeTour, die am 28. März beginnen sollte.
Carlos erklärte die Route. Sie würden zu einer abgelegenen Zenote wandern, dort kämpen und am nächsten Tag tiefer in den Dschungel vordringen zu einer kleinen, wenig bekannten Majastädte. Dann würden sie zurückkehren. Es klang perfekt. Es klang wie das Abenteuer von dem Kara geträumt hatte.
Was sie nicht wussten, was niemand wissen konnte, war, dass diese Entscheidung alles verändern würde. Der 28. März begann mit einem strahlend blauen Himmel. Klara wachte früh auf, noch bevor die Sonne vollständig über den Horizont gestiegen war. Sie lag einen Moment still da und lauschte den Geräuschen des erwachenden Dorfes. Irgendwo krähte ein Hahn.
Auf der Straße hörte sie das Rattern eines alten Lastwagens. Durch das offene Fenster strömte warme Luft herein, erfüllt vom Duft nach Holzrauch und frisch gebackenem Brot. Neben ihr schlief Lukas noch, sein Atem ruhig und gleichmäßig. Kara drehte sich zur Seite und betrachtete sein Gesicht. Sie liebte diese stillen Momente am Morgen, wenn die Welt noch nicht vollständig wach war.
Sie streckte die Hand aus und strich ihm sanft über die Wange. Lukas öffnete langsam die Augen und lächelte. “Guten Morgen, Abenteurerin”, murmelte er mit verschlafener Stimme. Kara lächelte zurück. “Guten Morgen, mein deutscher Ingenieur. Heute ist der große Tag.” Sie trafen Carlos um 8 Uhr morgens auf dem Dorfplatz.
Er wartete bereits neben einem alten Jeep, dessen Karosserie von zahllosen Kratzern und Dellen gezeichnet war, aber dessen Motor zufrieden schnurrte. Carlos trug abgenutzte Wanderstiefel, lange Hosen trotz der Hitze und einen breitkrempigen Strohhut, der sein Gesicht vor der Sonne schützte. Neben ihm stand ein großer Rucksack, gefüllt mit Ausrüstung.
“Wenus Dias”, begrüßte er sie mit einem breiten Lächeln. Seid ihr bereit für das Abenteuer? Klara nickte enthusiastisch, während Lukas noch einmal ihre Rucksäcke überprüfte. Er hatte darauf bestanden, dass sie genug Wasser mitnahmen. Erste Hilfeausrüstung, Insektenschutzmittel, Taschenlampen mit Ersatzbatterien. Carlos beobachtete ihn amüsiert.
“Du bist sehr vorsichtig”, sagte er zu Lukas. “Das ist gut. Vorsicht hält uns sicher.” “Aber hab keine Angst, ich kenne diese Wege seit meiner Kindheit. Ich habe hunderte Male Touristen sicher dorthin und zurückgebracht. Die Fahrt führte sie aus dem Dorf hinaus auf unbefestigte Straßen, die sich durch dichten Dschungel schlängelten.
Der Jeep holperte über Schlaglöcher und Wurzeln und mehr als einmal musste Kara sich am Griff über der Tür festhalten, um nicht herumgeschleudert zu werden. Aber sie liebte es. Die Landschaft war atemberaubend. Hohe Bäume bildeten ein grünes Dach über ihnen, durch das nur vereinzelt Sonnenstrahlen brachen. Vögel mit leuchtend buntem Gefieder flogen zwischen den Ästen hin und her, ihre Rufe fremd und exotisch.
Einmal sahen sie eine Gruppe von Brüllaffen, die in den Baumwipfeln spielten und die Menschen im Jeep neugierig betrachteten. Kara fotografierte alles. Sie hatte ihre kleine Digitalkamera dabei, ein Geschenk ihrer Eltern zum 21. Geburtstag und sie dokumentierte jeden Moment dieser Reise. Lukas neckte sie damit.
“Du machst mehr Fotos als eine japanische Touristengruppe”, lachte er. Kara boxte ihn spielerisch gegen die Schulter. “Ich will mich an alles erinnern”, erwiderte sie, “an jeden einzelnen Moment.” Nach zwei Stunden Fahrt erreichten sie das Ende der befahrbaren Straße. Carlos parkte den Jeep unter einem riesigen Cyberbaum, dessen Wurzeln sich wie Schlangen über den Boden ausbreiteten.
“Von hier aus geht es zu Fuß weiter”, erklärte er. “etetwa dre Stunden bis zur Zenote. Der Weg ist nicht schwierig, aber wir müssen aufmerksam sein. Der Dschungel kann tückisch sein.” Er verteilte Wanderstöcke an Kara und Lukas und überprüfte noch einmal ihre Ausrüstung. Dann schultern sie ihre Rucksäcke und begannen die Wanderung.
Der Pfad war schmal, oft kaum erkennbar zwischen dem dichten Grün. Carlos führte, Klara folgte direkt hinter ihm und Lukas bildete die Nachhut. Die Hitze war erdrückend. Binnenminuten war Klas T-Shirt schweißgränkt. Die Luftfeuchtigkeit machte jeden Atemzug zur Anstrengung, aber sie klagte nicht. Sie war zu fasziniert von ihrer Umgebung.
Der Dschungel war lebendig auf eine Weise, die sie nie zuvor erlebt hatte. Überall bewegte sich etwas, Insekten summten, Blätter raschelten. Irgendwo in der Ferne hörte sie das Kreischen eines Vogels. Carlos erzählte während der Wanderung Geschichten über die Region. Er sprach über die Maja, die vor Jahrhunderten hier gelebt hatten, über die Legenden und Mythen, die noch immer in den Dörfern erzählt wurden.
Er zeigte ihnen Pflanzen, erklärte, welche essbar waren und welche giftig, welche von den Einheimischen als Medizin verwendet wurden. Clara hing an seinen Lippen. “Das ist besser als jedes Lehrbuch”, sagte sie zu Lukas während einer kurzen Pause. Lukas nickte, obwohlsie sehen konnte, dass er erschöpft war. Die Hitze machte ihm mehr zu schaffen als ihr.
Sein Gesicht war rot und er trank häufig aus seiner Wasserflasche. “Geht es dir gut?”, fragte sie besorgt. Lukas nickte schnell. “Mir geht es gut.” “Nur heiß.” “Aber ich bin okay.” Sie drückte seine Hand. “Wir können jederzeit umkehren, wenn du willst.” Lukas schüttelte den Kopf. “Nein, wir haben so lange darauf gewartet. Ich will das genauso erleben wie du.
Wir gehen weiter. Nach fast vier Stunden Wanderung erreichten sie die Zenote. Kara stockte der Atem. Es war noch schöner, als sie es sich vorgestellt hatte. Die Zenote war ein natürliches Becken entstanden durch den Einsturz einer Kalksteinhöhle, gefüllt mit kristallklarem türkisfarbenem Wasser. Steile Felswände umgaben das Becken, bewachsen mit Farnen und Mosen.
Lianen hingen von den Bäumen oben herab und berührten fast die Wasseroberfläche. Das Sonnenlicht fiel in goldenen Strahlen durch Öffnungen im Blätterdach und ließ das Wasser glitzern wie flüssige Edelsteine. war ein Ort von überwältigender natürlicher Schönheit, ein verborgenes Paradies, das sich anfühlte wie aus einer anderen Zeit. Klara stand am Rand des Beckens, die Hand vor dem Mund, unfähig zu sprechen.
Lukas trat neben sie und legte den Arm um ihre Schultern. “Es ist perfekt”, flüsterte er. Clara nickte. Tränen der Überwältigung in den Augen. “Ich kann nicht glauben, dass wir hier sind.” Sie richteten ihr Camp auf einer flachen Stelle nahe der Zenote ein. Carlos hatte ein kleines Zelt für Kara und Lukas dabei und er selbst würde in einer Hängematte zwischen zwei Bäumen schlafen.
Sie sammelten Feuerholz und Carlos zeigte ihnen, wie man ein sicheres Lagerfeuer machte. Als die Sonne zu sinken begann und lange Schatten durch den Dschungel warfen, saßen die drei um das Feuer. Carlos kochte ein einfaches Abendessen aus Bohnen, Reis und Tortillas, die er in einem Tuch mitgebracht hatte.
Sie aßen mit den Fingern direkt aus der Pfanne und Kara dachte, dass sie noch nie in ihrem Leben etwas so köstliches gegessen hatte. Vielleicht lag es am Hunger nach der langen Wanderung, vielleicht an der Atmosphäre, an diesem magischen Ort, fernab der Zivilisation. Nach dem Essen lehnte sie sich gegen Lukas und schaute in die Flammen.
Über ihnen war der Himmel langsam dunkel geworden und tausende von Sternen erschienen, mehr als sie je in Deutschland gesehen hatte. Carlos erzählte weitere Geschichten. Er sprach über seine Familie, über das Leben im Dorf, über die Veränderungen, die er im Laufe der Jahre beobachtet hatte. Je mehr Touristen kommen,” sagte er nachdenklich, “ther verändert sich alles.
Manchmal ist es gut, manchmal nicht, aber Orte wie dieser hier müssen geschützt werden. Deshalb bringe ich Menschen hierher, damit sie sehen, wie schön die Natur sein kann, damit sie lernen, sie zu respektieren.” Klara schlief in dieser Nacht tief und traumlos. Das Geräusch der Grillen und Frösche war wie eine Symfonie, die sie in den Schlaf wiegte.
Am nächsten Morgen wachte sie auf vom Gesang der Vögel. Draußen hörte sie Carlos bereits am Feuer hantieren. Sie kroch aus dem Zelt, dehnte ihre steifen Muskeln und atmete die kühle Morgenluft ein. “Heute würden sie tiefer in den Dschungel vordringen zu der Mayastädte, von der Carlos gesprochen hatte.” Eine kleine Anlage”, sagte er beim Frühstück.
“Nicht so beeindruckend wie Shenizar oder Touum, aber bedeutsam. Nur wenige Touristen kommen dorthin. Es ist speziell. Der Weg dorthin ist etwa 2 Stunden von hier. Wir gehen am Vormittag, schauen uns alles an und sind zurück vor Sonnenuntergang.” Lukas fragte nach der Sicherheit der Route.
Carlos versicherte ihm, daß er den Weg gut kannte, dass es keine Gefahren gab, solange sie vorsichtig waren und zusammenblieben. Sie braen gegen 9 Uhr auf. Der Pfad von der Zenote zur Majastte war noch weniger ausgeprägt als der gestrige Weg. Manchmal schien es gar keinen Pfad zu geben und Carlos musste sich an subtilen Zeichen orientieren, einem gebrochenen Ast hier, einem Steinhaufen dort.
Kara und Lukas folgten ihm blind, vertrauten auf sein Wissen. Die Wanderung war härter als die gestrige. Sie mussten über umgestürzte Bäume klettern, durch schlammige Bäche warten, sich durch dichtes Unterholz kämpfen. Glara rutschte einmal aus und wäre beinahe gestürzt, aber Lukas fing sie auf. Sie lachten nervös.
“Das ist intensiver als erwartet”, keuchte Kara. Lukas wischte sich den Schweiß von der Stirn. Aber wir schaffen das. Wir sind schon so weit gekommen. Carlos drehte sich um und lächelte ermutigend. Nicht mehr weit, rief er zurück, nur noch etwa 30 Minuten. Dann plötzlich öffnete sich der Dschungel.
Sie standen auf einer Lichtung und vor ihnen erhob sich eine kleine Pyramide. Überwuchert von Wurzeln und Moos, aber noch immer erkennbar in ihrer geometrischen Form. Clara blieb wie angewurzelt stehen. Sie war überwältigt von dem Gefühl der Geschichte, das dieser Ort ausstrahlte.Jahrhunderte, Jahrtausende hatte diese Struktur hier gestanden.
Zeuge von Ereignissen, die längst vergessen waren. Carlos führte sie näher heran, zeigte ihnen Steinreliefs, die noch sichtbar waren unter dem Grün, erzählte von den Ritualen, die hier einst stattgefunden haben könnten. Klara fotografierte alles, aber sie wusste, dass keine Kamera wirklich einfangen konnte, was sie in diesem Moment fühlte.
Lukas stand neben der Pyramide, eine Hand auf dem alten Stein, die Augen geschlossen, als würde er versuchen, eine Verbindung zur Vergangenheit zu spüren. “Das ist unglaublich”, sagte er leise. “Danke, dass du uns hierher gebracht hast, Kara. Das hätte ich nie erlebt ohne dich. Sie verbrachten fast zwei Stunden an der Ruinenstätte.
” Carlos erklärte jeden Aspekt, jedes Detail. Dann, als die Sonne ihren Höchststand erreichte und die Hitze unerträglich wurde, sagte er: “Es sei Zeit zurückzukehren.” Sie nahmen den gleichen Weg zurück zur Zenote. Aber etwas hatte sich verändert. Klara konnte es nicht genau benennen. Vielleicht war es nur die Erschöpfung, die sich in ihren Knochen ausbreitete.
Vielleicht war es die Hitze, die ihr Gehirn benebelte. Oder vielleicht war es etwas anderes, ein unbewusstes Gespür für Gefahr, das alle Säugetiere besitzen, ein Instinkt, der sagte, dass etwas nicht stimmte. Auf halbem Weg zurück blieb Carlos plötzlich stehen. Er runzelte die Stirn und schaute sich um. “Was ist?”, fragte Lukas sofort, Besorgnis in seiner Stimme.
Carlos schwieg einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. nichts. Ich dachte, ich hätte etwas gehört, aber es ist nichts. Kommt, wir gehen weiter. Aber Kara hatte es auch gespürt, das Gefühl beobachtet zu werden. Sie schaute über ihre Schulter zurück in den dichten Dschungel, aber sie sah nichts außer Grün und Schatten.
Trotzdem konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass dort draußen etwas war, etwas, das wartete. Sie erreichten die Zennote gegen 15 Uhr. Die Sonne stand bereits tiefer und die Schatten im Dschungel wurden länger und dichter. Klara war erschöpft bis in die Knochen. Ihre Beine zitterten von der Anstrengung der letzten Stunden und ihr Rücken schmerzte vom Gewicht des Rucksacks.
Aber als sie das türkisfarbene Wasser erblickte, fühlte sie sofort neue Energie. Das sieht so einladend aus, seufzte sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Carlos lächelte und nickte in Richtung der Zenote. Warum geht ihr nicht schwimmen? Ihr habt es verdient nach dieser Wanderung. Das Wasser ist wunderbar kühl.
Ich bereite inzwischen das Abendessen vor. Lara schaute fragen zu Lukas. Der zögerte einen Moment, dann nickte er. Warum nicht? Ein kurzes Bad würde uns beiden gut tun. Sie zogen sich in ihr Zelt zurück und wechselten in Badekleidung. Klara trug einen einfachen schwarzen Badeanzug. Lukas dunkelblaue Badeshorts. Sie ließen ihre Sachen ordentlich zusammengefaltet im Zelt liegen, nahmen nur Handtücher mit.
Das Wasser der Chenote war genauso, wie Carlos versprochen hatte. Kristallklar und erfrischend kühl. Glara tauchte ihren Kopf unter Wasser und spürte, wie die Hitze und der Schmutz des Tages von ihr abgewaschen wurden. Es war fast magisch. Unter Wasser öffnete sie die Augen und sah Sonnenstrahlen durch das klare Wasser tanzen.
Kleine Fische, die zwischen den Wurzeln hindurchschwammen. Sie tauchte auf, holte tief Luft und lachte laut. “Das ist unglaublich!”, rief sie zu Lukas, der am Rand stand und langsam ins Wasser stieg. Er war immer vorsichtiger als sie, testete erst die Temperatur, gewöhnte sich langsam an das Wasser.
Klara schwamm zu ihm hinüber und spritzte ihn spielerisch an. Komm schon, Feigling. Lukas grinste und tauchte dann plötzlich unter, schwamm unter Wasser auf sie zu und zog sie an den Beinen hinunter. Sie kreischte und lachte und für einen Moment vergaßen sie alles außer diesem perfekten Augenblick. Sie schwammen etwa dreig Minuten lang.
Die Sonne sank weiter und die Luft begann merklich kühler zu werden. Carlos rief vom Lagerfeuer herüber: “Kommt bald raus, es wird dunkel und ihr solltet euch aufwärmen.” Klara und Lukas schwammen zurück zum Ufer, kletterten die rutschigen Steine hoch und trockneten sich ab. Klara fröstelte leicht.
Die Kombination aus dem kühlen Wasser und der sinkenden Temperatur ließ Gänsehaut über ihre Arme laufen. Sie gingen zurück zum Zelt, um sich umzuziehen. Glara zog schnell trockene Kleidung an, eine leichte Hose und ein langärmliges Shirt zum Schutz vor Mücken. Als sie aus dem Zelt trat, stand Lukas bereits am Feuer und wärmte seine Hände.
Carlos hatte eine einfache Suppe gekocht, die in einem Topf über den Flammen brodelte. Es roch köstlich nach Gewürzen und Gemüse. Während sie aßen, erzählte Carlos von einem früheren Kunden, einem deutschen Paar wie Sie, das vor einigen Jahren hier gewesen war. Sie kamen im Winter, erzählte er. Der Mann wollte seiner Frau hier an der Zenote einen Heiratsantrag machen. Er hatte einen Ring mitgebracht,alles geplant.
Carlos lachte leise bei der Erinnerung, aber als der Moment kam, war er so nervös, daß er den Ring fallen ließ. Der Ring fiel direkt ins Wasser der Zenote. Klara keuchte entsetzt. “Was ist passiert?” Carlos grinste. Ich bin hineingetaucht und habe ihn gesucht. Es hat 20 Minuten gedauert, aber ich habe ihn gefunden.
Die Frau hat ja gesagt und sie haben mir das beste Trinkgeld meines Lebens gegeben. Klara lachte und schaute zu Lukas. Keine Ideen bekommen, warnte sie ihn scherzhaft. Wenn du mir einen Antrag machst, dann bitte an einem Ort, wo wir den Ring nicht verlieren können.” Lukas lachte verlegen, sagte aber nichts.
Später würde Kara sich an diesen Moment erinnern und sich fragen, ob er in diesem Augenblick tatsächlich darüber nachgedacht hatte, ob er Pläne gehabt hatte, die nie verwirklicht werden konnten. Als die Dunkelheit vollständig hereingebrochen war, wurde der Dschungel um sie herum lebendig mit Geräuschen. Frösche quakten, grillen zirpten. Irgendwo in der Ferne hörte man das tiefe Rufen eines unbekannten Vogels.
Kara saß dicht am Feuer eingehüllt in eine leichte Decke und fühlte sich seltsam zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite war da die Geborgenheit des Lagerfeuers, die Anwesenheit von Lukas und Carlos, die Wärme der Flammen. Auf der anderen Seite war die riesige wilde Dunkelheit des Dschungels, die sich endlos in alle Richtungen erstreckte.
Sie dachte an ihre Mutter in Deutschland, über 8000 km entfernt. Sie hatte versprochen, regelmäßig Nachrichten zu schicken. Aber hier draußen gab es natürlich kein Handysignal. Ihre Mutter würde sich Sorgen machen. Clara nahm sich vor, sobald sie zurück in San Miguel de Allende waren, sofort anzurufen und ihr zu versichern, dass alles in Ordnung war.
Gegen 22 Uhr erklärte Carlos: “Es sei Zeit zu schlafen. Wir brechen morgen früh auf”, sagte er. Der Rückweg zum Jeep ist lang und wir sollten vor der größten Mittagshitze dort ankommen. Klara und Lukas nickten. Sie verabschiedeten sich und krochen in ihr Zelt. Drinnen war es eng, aber gemütlich. Sie lagen Seite an Seite in ihren Schlafsäcken, so nah, dass Kara Lukas Atem auf ihrer Wange spüren konnte.
Danke, flüsterte sie in die Dunkelheit. Wofür? fragte Lukas leise. Für alles dafür, daß du mit mir hier bist, dafür, daß du meine verrückten Ideen mitmachst, dafür, dass du du bist. Lukas drehte sich zu ihr und küsste sie sanft. “Ich würde überall mit dir hingehen”, sagte er. “Das weißt du doch.” Klara kuschelte sich an ihn und schloss die Augen.
Sie fühlte sicher, geborgen, geliebt. Nichts konnte dieser perfekten Stimmung etwas anhaben. Oder so glaubte sie. Sie wurde mitten in der Nacht wach. Etwas hatte sie geweckt, aber sie wusste nicht was. Sie lag still da und lauschte. Neben ihr schnarchte Lukas leise. Von draußen hörte sie die üblichen Dschungelgeräusche. Aber da war noch etwas anderes.
Ein Geräusch, das nicht dorthin gehörte. Stimmen. Leise, aber eindeutig menschliche Stimmen, die irgendwo in der Nähe sprachen. Lara runzelte die Stirn. War Carlos noch wach? Sprach er mit jemandem? Sie schob den Reißverschluss ihres Schlafsacks langsam nach unten und kroch vorsichtig aus dem Zelt. darauf bedacht, Lukas nicht zu wecken.
Draußen war es stockdunkel. Das Lagerfeuer war längst zu glühenden Kohlen heruntergebrannt. Am Himmel funkelten Millionen von Sternen. Klara ließ ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen. Sie sah Carlos Hängematte zwischen den Bäumen, konnte seine Silhouette darin erkennen. Er schien zu schlafen, aber die Stimmen waren immer noch da.
Leise, aber näher als zuvor. Klara spürte, wie sich ihr Magen zusammenzog. Instinktiv wußte sie, dass etwas nicht stimmte. Sie schlich zurück zum Zelt und rüttelte Lukas sanft an der Schulter. Er wachte verwirrt auf. “Was ist?”, murmelte er verschlafen. Kara legte einen Finger auf ihre Lippen und flüsterte. “Da sind Leute da draußen.
” “Ich höre Stimmen.” Lukas war sofort hellwach. Er setzte sich auf und lauschte angestrengt. Nach einem Moment nickte er. Ich höre es auch. Wer könnte das sein? Sollten wir Carlos wecken? Klara zögerte, dann nickte sie. Sie krochen aus dem Zelt und gingen leise zu Carlos Hängematte. Klara berührte seine Schulter.
Carlos, flüsterte sie dringend. Carlos, wach auf. Carlos schreckte hoch, sofort alert. Was ist los? Ist etwas passiert da? sind Stimmen”, sagte Lukas leise, irgendwo dort draußen im Dschungel. “Wer könnte das sein? Sollte hier nicht niemand sein?” Carlos Gesichtsausdruck veränderte sich, die entspannte Freundlichkeit verschwand und wurde durch etwas anderes ersetzt.
Sorge, vielleicht sogar Angst. Er stand schnell auf, griff nach seiner Taschenlampe und schaltete sie ein. “Geh zurück ins Zelt”, sagte er bestimmt. “Sofort. Macht kein Geräusch.” Aber warum? fragte Clara jetzt selbst verängstigt. Wer ist da draußen? Carlos schaute sie an und in seinen Augen lag etwas, dass Kara das Blut in den Aderngefrieren ließ.
“Ich weiß es nicht”, sagte er ehrlich, “aber diese Region ist nicht immer sicher. Manchmal gibt es Leute, die hier nicht sein sollten. Schmuggler, die die alten Pfade benutzen oder schlimmere. Ihr müsst euch verstecken jetzt.” Die Stimmen waren jetzt lauter. Sie kamen definitiv näher. Clara konnte jetzt auch Lichtblitze sehen, Taschenlampen, die zwischen den Bäumen hindurchblinkten.
Lukas packte Klas Hand und zog sie zurück zum Zelt. Sie krochen hinein und Lukas zog den Reißverschluss so leise wie möglich zu. Sie kauerten im Dunkeln und hielten sich an den Händen. Klaras Herz hämmerte so laut, dass sie sicher war, jeder konnte es hören. “Was ist los?”, flüsterte sie kaum hörbar.
“Was passiert hier?” Lukas schüttelte den Kopf, seine Augen weit vor Angst. Ich weiß es nicht, aber wir müssen still sein. Ganz still. Draußen hörten sie Carlos mit jemandem sprechen. Die Worte waren auf Spanisch. Zu schnell für Kara, um sie zu verstehen. Aber der Ton war eindeutig. Carlos klang nervös, beschwichtigend. Dann hörte sie andere Stimmen rau und aggressiv. Männer, mehrere.
Dann ein Geräusch, das sie nie vergessen würde. Ein dumpfer Schlag, gefolgt von einem unterdrückten Schmerzensschrei. Carlos! Klara wollte hinausstürzen, wollte helfen, aber Lukas hielt sie fest. “Nein”, flüsterte er verzweifelt. “Wir können nichts tun. Wir müssen uns verstecken.” Klara kämpfte mit sich selbst.
Jeder Instinkt schrie danach, Carlos zu helfen. Aber Lukas hatte recht. Sie waren zwei unerfahrene Touristen gegen mehrere unbekannte Männer mitten im Nirgendwo. Wenn sie sich zeigten, würden sie nur die Situation verschlimmern. Also kauerten sie im Zelt und lauschten dem Albtraum, der sich draußen abspielte.
Sie hörten Geräusche von Gewalt, von Durchsuchung. Jemand durchwühlte ihr Lager. Sie hörten, wie ihr Rucksack umgekippt wurde, wie Sachen auf den Boden fielen. Dann plötzlich wurde der Reißverschluss ihres Zeltes aufgerissen. Eine Taschenlampe blendete sie, dahinter die Silhouette eines Mannes. Er sagte etwas auf Spanisch, schnell und hart.
Klarer verstand nur ein Wort. Raus! Sie mussten. Raus aus dem Zelt. Mit zitternden Händen und klopfenden Herzen krochen Kara und Lukas aus ihrem Zelt. Draußen wurden sie von mindestens fünf Männern erwartet. Die Taschenlampen blendeten sie, sodass sie die Gesichter nicht erkennen konnte. Aber sie sah genug. Die Männer waren bewaffnet, Macheten.
Mindestens einer hatte etwas, das wie eine Pistole aussah. Carlos lag auf dem Boden neben den Überresten des Lagerfeuers. Sein Gesicht war blutverschmiert. Er versuchte aufzustehen, aber einer der Männer trat gegen seine Rippen und er fiel wieder hin. Klara schrie auf, aber Lukas zog sie an sich und prste ihren Kopf gegen seine Brust.
Einer der Männer trat vor. Er war groß, mit breiten Schultern und einem Gesicht, das von einer langen Narbe gezeichnet war. Er musterte Klara und Lukas mit kalten Augen. Dann sprach er auf Englisch mit schwerem Akzent. Ihr seid weit von zu Hause entfernt”, sagte er langsam. “Das war ein Fehler. Willkommen in Mexiko.” Die Zeit verlor jede Bedeutung.
Clara wusste nicht, wie lange sie dort stand, geblendet von den Taschenlampen, Lukas Arm um ihre Schultern, während die Männer um sie herum auf Spanisch miteinander sprachen. Ihre Stimmen waren rau, ihre Worte zu schnell, zu durcheinander für sie, um mehr als Bruchstücke zu verstehen. Sie hörte Worte wie Dinero, Telefonos, Problemas, Geld, Telefone, Probleme.
Ihr Verstand arbeitete fieberhaft, versuchte zu begreifen, was geschah, versuchte einen Ausweg zu finden, aber es gab keinen. Sie waren gefangen, Kilometerweit von jeder Zivilisation entfernt, umgeben von bewaffneten Männern, die offensichtlich keine guten Absichten hatten. Der Mann mit der Narbe, der offenbar der Anführer war, trat näher.
Er roch nach Schweiß, Tabak und etwas anderem, etwas Scharfem, das Kara nicht identifizieren konnte. Er musterte sie von oben bis unten, sein Blick kühl und berechnend. Dann wandte er sich an Lukas. “Geld”, sagte er auf gebrochenem Englisch. “woas Stimme zitterte, als er antwortete. In unseren Rucksäcken. Alles, was wir haben, ist dort. Nehmt es.
Nehmt alles, wir wollen keinen Ärger. Der Anführer lachte, ein Geräusch ohne jede Wärme. Ihr habt bereits Ärger, großen Ärger. Ihr seid an einem Ort, wo ihr nicht sein solltet zur falschen Zeit. Er machte eine Geste und zwei der anderen Männer begannen, das Lager systematisch zu durchsuchen. Sie lehrten die Rucksäcke aus, warfen Kleidung und Ausrüstung achtlos auf den Boden.
Sie fanden Klas Kamera, ihr Handy, Lukas Handy, ihre Geldbörsen. Alles wurde dem Anführer gebracht. Er nahm das Bargeld ungefähr 200 € und 3000 mexikanische Pesos und steckte es ein. Die Handys betrachtete er einen Moment. Dann gab er eine Anweisung. Einer seiner Männer nahm die Geräte, warf sie auf den Boden und zerstampfte sie methodisch mit seinem Stiefel, bis nur noch Plastik undGlassplitter übrig waren.
Klara beobachtete mit wachsendem Entsetzen, wie ihre letzte Verbindung zur Außenwelt zerstört wurde. Die Handys waren ihre Rettungsleine gewesen, ihre Hoffnung auf Hilfe. Jetzt waren sie nur noch Schrott. Nein”, flüsterte sie, “Merhr zu sich selbst als zu irgendjemandem. “Bitte nein.
” Der Anführer hörte sie und drehte sich um. Er trat so nah an sie heran, dass sie seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. “Hast du etwas zu sagen, kleine Deutsche?”, fragte er fast sanft. Klara schüttelte den Kopf. Tränen strömten jetzt über ihr Gesicht. Lukas zog sie näher an sich. Seine eigenen Hände zitterten. “Wir sind nur Touristen”, sagte er verzweifelt.
“Wir wollten niemandem Probleme machen. “Laßt uns gehen, bitte. Wir werden niemandem erzählen, was hier passiert ist.” Der Anführer betrachtete ihn einen langen Moment, dann lachte er wieder. Glaubst du, es ist so einfach? Glaubst du, wir können euch einfach gehen lassen, nachdem ihr uns gesehen habt? Carlos, der immer noch auf dem Boden lag, stöhnte und versuchte erneut aufzustehen.
Einer der Männer trat zu ihm und zerrte ihn grob hoch. Carlos Gesicht war eine Maske aus Blut und Schmerz, aber seine Augen waren klar. Er schaute zu Klara und Lukas. Und in diesem Blick lag so viel. Schuldgefühl, Angst, Entschuldigung, er versuchte zu sprechen. Spanisch zu den Männern, dann auf Englisch zu Kara und Lukas. Es tut mir leid.
keuchte er. Ich wusste nicht, dass sie hier sein würden. Ich hätte niemals gedacht, dass wir ihnen begegnen würden. Der Anführer sagte etwas Scharfes auf Spanisch und der Mann, der Carlos festhielt, schlug ihn hart ins Gesicht. Carlos sackte zusammen, wurde aber weiter festgehalten. “Halt die Klappe”, sagte der Anführer kalt.
“Du hast genug Probleme verursacht, indem du sie hierher gebracht hast.” Klara begann langsam zu verstehen. Diese Männer waren keine gewöhnlichen Räuber. Sie waren hier aus einem bestimmten Grund, nutzten diese abgelegenen Pfade für etwas Illegales. Schmuggel hatte Carlos erwähnt, Drogen vielleicht oder Waffen und sie, Kara und Lukas waren zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen, Zeugen von etwas, das sie niemals hätten sehen sollen.
Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Diese Männer konnten sie nicht gehen lassen, nicht nachdem was geschehen war. Sie wußten zu viel, hatten zu viel gesehen. Panik überwältigte sie. Ihre Knie wurden weich und nur Lukas griff um sie herum, hielt sie aufrecht. “Ich will nach Hause”, flüsterte sie hilflos. Ich will nur nach Hause.
Der Anführer gab weitere Anweisungen. Zwei der Männer packten Carlos und zerrten ihn weg vom Lagerfeuer tiefer in den Dschungel hinein. Carlos kämpfte schwach, aber er war zu verletzt, zu schwach. Er rief etwas, aber seine Worte wurden von der Dunkelheit verschluckt. Klara schrie auf. Was macht ihr mit ihm? Lasst ihn in Ruhe. Der Anführer ignorierte sie.
Stattdessen wandte er sich an die verbleibenden Männer. Bindet diese beiden”, sagte er auf Spanisch, langsam genug, daß Klara die Worte verstand. “Sie werden mit uns kommen. Wir entscheiden später, was wir mit ihnen machen.” Grobe Hände packten Klara und Lukas. Sie versuchten sich zu wehren, aber es war hoffnungslos.
Sie waren zahlenmäßig unterlegen und völlig unvorbereitet auf körperliche Gewalt. Ihre Hände wurden hinter ihren Rücken gebunden, die Seile so fest, daß sie in die Haut schnitten. Dann wurden ihnen Stoffstücke als Knebel in den Mund gestopft. Kara wirkte, kämpfte gegen den Brechreiz an. Neben ihr sah sie Lukas, der ebenfalls geknebelt war, seine Augen weit vor Angst und Verzweiflung.
Sie wurden gezwungen zu laufen. Die Männer löschten die letzten Glut des Lagerfeuers, packten die wenigen wertvollen Gegenstände aus dem Lager ein und dann wurden Klara und Lukas vorwärts gestoßen, tiefer in den Dschungel hinein. Es war stockdunkel, nur die Taschenlampen der Männer erhälten den Weg, werfen bizarre tanzende Schatten auf die Bäume. Kara stolperte mehrmals.
Ihre gefesselten Hände machten es unmöglich, das Gleichgewicht zu halten. Jedesmal zerrte einer der Männer sie grob wieder auf die Füße und stieß sie weiter. Tränen strömten ununterbrochen über ihr Gesicht. Sie versuchte zu Lukas zu schauen, aber in der Dunkelheit konnte sie nur seine Silhouette erkennen, die vor ihr ging, ebenfalls von bewaffneten Männern flankiert.
Wie lange sie gingen, wusste Kara nicht. Eine Stunde, zwei. Die Zeit verschmolz zu einem endlosen Albtraum aus Schmerz, Angst und Erschöpfung. Schließlich erreichten sie eine Lichtung. Hier hatten die Männer offenbar ihr Lager aufgeschlagen. Klara sah mehrere Zelte, einen größeren Unterstand aus Planen, Kisten und Fässer, die im Schatten gestapelt waren.
Es roch nach Benzin und etwas Chemischem. In der Mitte der Lichtung brannte ein Feuer. Um das Feuer herum saßen weitere Männer, mindestens vier oder fünf. Sie schauten auf, als die Gruppe ankam, ihre Gesichter hartund misstrauisch. Der Anführer sprach mit ihnen schnell und leise. Lara konnte nicht hören, was gesagt wurde, aber sie sah die Blicke, die die Männer ihr und Lukas zuwarfen.
Einige waren neugierig, andere feindselig. Einer, ein jüngerer Mann mit einem Goldkättchen um den Hals grinste und sagte etwas, das die anderen zum Lachen brachte. Clara fühlte eine neue Welle von Angst. Sie wusste nicht, was die Männer sagten, aber die Art, wie sie angeschaut wurden, ließ sie ihre Hilflosigkeit noch schmerzhafter spüren.
Klara und Lukas wurden zu einem der Zelte gebracht. Ihre Fußfesseln wurden durch längere Seile ersetzt, die an Baumstämmen befestigt wurden. Sie konnten sich ein paar Meter bewegen, aber nicht weglaufen. Die Knebel wurden entfernt, aber die Warnung des Anführers war klar: “Wenn ihr schreit, wenn ihr Lärm macht, werdet ihr es bereuen.
Versteht ihr?” Klara und Lukas nickten stumm. Ihre Münder waren trocken, ihre Lippen rissig vom Knebel. Der Anführer warf ihnen zwei Flaschen Wasser zu. Trinkt!”, befahl er, “hr braucht Kraft. Ihr habt eine lange Reise vor euch.” Damit drehte er sich um und ließ sie allein. Kara und Lukas saßen Seite an Seite auf dem harten Boden ihre Rücken gegen einen Baum gelehnt.
Für lange Minuten sprach keiner von ihnen. Was konnten sie auch sagen? Ihre schlimmsten Albträume waren Wirklichkeit geworden. Schließlich brach Lukas das Schweigen. Seine Stimme war heiser, kaum mehr als ein Flüstern. “Es tut mir so leid, Clara. Das ist alles meine Schuld. Ich hätte dich nie hierher bringen sollen.
” Clara drehte den Kopf und schaute ihn an. Selbst im schwachen Licht des fernen Feuers konnte sie die Tränen auf seinen Wangen sehen. “Nein”, flüsterte sie zurück. “Es ist nicht deine Schuld. Wir haben diese Entscheidung zusammengetroffen. Sie versuchte ihre Hand zu bewegen, aber die Fesseln erlaubten nur minimale Bewegung.
Sie schaffte es gerade so seine Finger mit ihren zu berühren. “Was auch immer passiert”, sagte sie mit einer Entschlossenheit, die sie nicht fühlte. “Wir bleiben zusammen.” “Okay.” Lukas nickte, neue Tränen rannen über sein Gesicht. Zusammen wiederholte er immer. Die Nacht zog sich endlos hin. Klara döste irgendwann ein, erschöpft von Angst und körperlicher Anstrengung.
Aber ihr Schlaf war unruhig, geplagt von Albträumen. Sie wachte mehrmals auf, desorientiert und verängstigt, bis sie sich erinnerte, wo sie war. Jedesmal fühlte die Realität schlimmer an als der Traum. Als die erste Morgendämmerung den Himmel erhälte, hörte sie Bewegung im Lager. Die Männer erwachten, begannen ihren Tag.
Klara beobachtete sie durch halbgeschlossene Augen. Sie packten Sachen zusammen, beluden Rucksäcke und Kisten. Es sah aus, als würden sie sich bereit machen, aufzubrechen. Wohin würden sie gebracht werden? Was planten diese Männer mit ihnen? Die Ungewissheit war fast unerträglich. Der Anführer erschien gegen Uhr morgens. Er schaute auf Kara und Lukas hinunter, sein Gesichtsausdruck unlesbar.
“Wir brechen auf”, sagte er. “Ihr kommt mit. Wenn ihr Probleme macht, wenn ihr versucht zu fliehen, werden wir euch töten. Es ist so einfach, versteht ihr?” Kara und Lukas nickten. Sie verstanden. Sie verstanden perfekt. Ihre Hände wurden wieder gefesselt. dieses Mal vor ihren Körpern, damit sie laufen konnten. Sie wurden in die Mitte der Gruppe gestellt, umgeben von bewaffneten Männern.
Dann begann der Marsch. Sie gingen stundenlang durch den Dschungel immer tiefer in die Wildnis hinein. Klara verlor jede Orientierung. Sie hatte keine Ahnung, in welche Richtung sie gingen, wie weit sie von der Zenote entfernt waren, wo Carlos war oder ob er überhaupt noch am Leben war. Sie war völlig verloren in jeder Hinsicht. Der Marsch dauerte drei Tage.
Drei Tage, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten. Sie bewegten sich hauptsächlich nachts, um Hubschrauber oder Suchmannschaften zu vermeiden, wie Kara schließlich verstand. Tagsüber versteckten sie sich in improvisierten Lagern, bewacht von mindestens zwei bewaffneten Männern, während die anderen schliefen.
Klara und Lukas wurden kaum gefüttert, bekamen nur das Nötigste an Wasser. Ihre Kleidung war zerrissen und schmutzig, ihre Haut übersättht mit Insektenstichen und Kratzern von Dornen und scharfen Ästen. Kara hatte jedes Zeitgefühl verloren. War es der 31. März? Der erste April. Sie wußte es nicht mehr. Alles verschmolz zu einem endlosen Kreislauf aus Laufen, Erschöpfung, kurzen Momenten unruhigen Schlafs und dann wiederlaufen.
Am dritten Tag erreichten sie ein größeres Lager. Es lag tief im Dschungel, aber Klara konnte erkennen, dass es permanenter war als die vorherigen Camps. Es gab richtige Strukturen, Hütten aus Holz und Wellblech, einen größeren Bereich, der wie eine Art Lagerhaus aussah. Überall waren Männer, mindestens 20 oder 30, alle bewaffnet, alle mit demselben harten, gleichgültigen Blick.
Das war kein vorübergehendes Versteck, das war eine Operation.Clara verstand mit eisiger Klarheit, daß sie in die Hände einer organisierten kriminellen Gruppe geraten waren, wahrscheinlich eines Kartells. Der Gedanke ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Geschichten über mexikanische Drogenkartelle waren legendär und keine davon war gut. Menschen verschwanden.
Leichen wurden nie gefunden oder sie wurden gefunden auf eine Art und Weise, die als Warnung an andere dienen sollte. Klara und Lukas wurden in eine kleine Holzhütte gebracht. Der Raum war winzig, vielleicht dre Meter, mit einem Lehmoden und einem einzigen vergitterten Fenster hoch oben an der Wand.
Es gab keine Möbel, nur eine schmutzige Decke in der Ecke. Die Tür wurde von außen verriegelt. Sie waren allein zum ersten Mal seit der Nacht an der Zenote. Lukas sank sofort auf den Boden, sein Kopf in den Händen. Klara setzte sich neben ihn. lehnte sich gegen die rauhe Holzwand. Für lange Minuten sagte keiner von ihnen etwas.
Schließlich brach Lukas das Schweigen. Seine Stimme war gebrochen, kaum erkennbar. Sie werden uns töten, nicht wahr? Klara wollte widersprechen, wollte ihm Hoffnung geben, aber sie konnte nicht lügen. “Nicht jetzt, nicht hier.” “Ich weiß es nicht”, flüsterte sie ehrlich. “Vielleicht.” Lukas hob den Kopf und schaute sie an.
Seine Augen waren rot von Tränen und Erschöpfung. Es tut mir so leid, Kara. Ich hätte dich beschützen sollen. Ich habe versagt. Klara schüttelte heftig den Kopf. Sie rutschte näher zu ihm und nahm sein Gesicht in ihre Hände, obwohl ihre eigenen Hände zitterten. “Nein, hör auf. Du hast nicht versagt. Niemand hätte das voraussehen können. Niemand.
” Lukas schlossß die Augen, Tränen rannen über seine Wangen. “Ich liebe dich so sehr”, flüsterte er. “Das weißt du, oder?” Klara nickte. Ihre eigenen Tränen mischten sich mit seinen. “Ich weiß es und ich liebe dich auch.” Sie küssten sich verzweifelt und sanft zugleich, ein Kuss, der gleichzeitig Abschied und Hoffnung war.
Als sie sich trennten, legten sie ihre Stirnen aneinander und atmeten synchron. Was auch immer passiert, sagte Klara mit fester Stimme, wir geben nicht auf. Okay, wir suchen nach einer Chance, irgendeine Möglichkeit zu entkommen. Wir geben nicht auf. Lukas nickte langsam. Wir geben nicht auf, wiederholte er. Aber beide wussten, wie hohl diese Worte klangen. Die Stunden vergingen langsam.
Durch das kleine Fenster konnten sie sehen, wie der Tag zu Ende ging und die Nacht hereinbrach. Niemand kam, um ihnen Essen oder Wasser zu bringen. Sie waren einfach vergessen worden, zumindest vorübergehend. Klara und Lukas hielten sich aneinander fest, trost suchend in der Nähe des anderen.
Irgendwann schliefen sie ein, erschöpft bis über jede Grenze hinaus. Klara träumte von zu Hause, von ihrer Mutter, von ihrer Kindheit. Sie träumte davon, in ihrem alten Zimmer zu sein, sicher und warm. Und als sie aufwachte und die Realität der schmutzigen Hütte sie wieder einholte, war der Schmerz fast unerträglich. Neben ihr regte sich Lukas.
Er war auch wach. Draußen war es noch dunkel, aber sie hörten Stimmen, Aktivität im Lager. Etwas passierte. Die Tür der Hütte wurde plötzlich aufgerissen. Der Anführer stand im Eingang. Hinter ihm mehrere seiner Männer. Er trat ein und betrachtete Kara und Lukas mit demselben kalten Blick wie zuvor. “Aufstehen”, befahl er.
Klara und Lukas erhoben sich unsicher auf die Füße. Der Anführer studierte sie einen langen Moment, dann sprach er langsamer als gewöhnlich, als würde er seine Worte sorgfältig wählen. “Ihr habt ein Problem geschaffen”, sagte er. “Ein großes Problem. Ihr habt Dinge gesehen, die ihr nicht hättet sehen sollen. Ihr wisst, wo dieses Lager ist.
Ihr könnt die Polizei hierher führen. Klara schüttelte heftig den Kopf. Nein, wir würden niemals etwas sagen. Wir schwören es. Lasst uns einfach gehen und wir vergessen alles. Bitte. Der Anführer lachte, aber es war ein Geräusch ohne jede Freude. Ihr würdet es vergessen. Glaubt ihr wirklich, ich bin so dumm? Er trat näher, so nah, daß Kara seinen Atem riechen konnte.
“Es gibt nur zwei Möglichkeiten”, fuhr er fort. “Entweder wir töten euch hier und jetzt und vergraben euch im Dschungel, wo niemand euch jemals findet, oder: “Wir finden einen anderen Weg.” Kara fühlte, wie ihr Herz aussetzte. “Welchen anderen Weg?”, fragte sie mit zitternder Stimme. Der Anführer lächelte, aber es war das Lächeln eines Raubtiers.
Eure Familien in Deutschland sind reich. Ja, vielleicht zahlen sie ein Lösegeld für euch. Klara und Lukas wechselten einen schnellen Blick. Lösegeld. Das war ein Hoffnungsschimmer, so dünn er auch sein mochte. Wenn sie lebendig blieben, wenn es Kommunikation mit ihren Familien gab, dann bestand eine Chance. Eine winzige Chance, aber immer noch eine Chance.
Unsere Familien, begann Lukas vorsichtig, sie sind nicht reich, aber sie würden alles tun, um uns nach Hause zu bringen. Alles, was sie haben. Der Anführer nickte zufrieden. Daswerden wir sehen. In den folgenden Stunden wurden Klara und Lukas gezwungen, ein Video aufzunehmen. Sie mussten in die Kamera sprechen, ihre Namen sagen, beweisen, dass sie noch am Leben waren.
Sie mussten ihre Familien anflehen, das Lösegeld zu zahlen. Lara konnte kaum die Worte herausbringen. Sie starrte in die Kameralinse eines alten Camcorders und versuchte sich vorzustellen, dass ihre Mutter dieses Video sehen würde. Mama, flüsterte sie auf Deutsch, die Tränen unkontrolliert über ihr Gesicht ströend. Es tut mir so leid. Ich liebe dich.
Bitte tu, was Sie sagen. Ich will nur nach Hause kommen. Neben ihr sprach Lukas ähnliche Worte, seine Stimme gebrochen vor Emotion. Als das Video beendet war, wurden sie zurück in die Hütte gebracht. Der Anführer hatte Ihnen erklärt, dass das Video an die deutsche Botschaft in Mexico stattgeschickt würde, zusammen mit Lösegeldforderungen.
Eine Million Dollar für beide. eine absurde Summe, die weder Kas noch Lukas Familien jemals aufbringen könnten. Aber Kara klammerte sich an die Hoffnung, dass irgendjemand irgendwo etwas tun würde. Die nächsten Tage waren eine Qual des Wartens. Sie bekamen minimal zu essen und zu trinken. Ihre Hütte war heiß tagsüber und kalt nachts.
Insekten plagten sie ununterbrochen, aber das Schlimmste war die Ungewissheit. Hatte jemand das Video erhalten? Arbeiteten die Behörden daran, sie zu finden, oder waren sie bereits vergessen aufgegeben? Clara verbrachte die Stunden damit, mit Lukas zu reden, über alles und nichts. Sie erzählten sich Geschichten aus ihrer Kindheit, erinnerten sich an den Tag, als sie sich kennengelernt hatten, planten eine Zukunft, von der beide wussten, dass sie vielleicht nie kommen würde.
Es war ihre Art, an ihrer Menschlichkeit festzuhalten, sich nicht von der Verzweiflung verschlingen zu lassen. Am Abend des was Kara glaubte, dass es der 5. oder 6. April war, obwohl sie sich nicht sicher sein konnte, hörten sie plötzlich Hubschrauber. Das Geräusch war laut und kam näher. Im Lager brach Chaos aus. Männer rannten herum, riefen Befehle, packten Waffen.
Klara und Lukas sprangen auf und pressten ihre Gesichter gegen das vergitterte Fenster. Sind das Retter? Flüsterte Kara voller Hoffnung. Kommt die Polizei? Lukas schüttelte den Kopf, seine Augen voller Sorge. Ich weiß es nicht, aber wenn sie es sind, könnten wir in der Mitte eines Feuergefechts landen. Die Hubschrauber kreisten über dem Gebiet, aber sie landeten nicht.
Nach etwa 20 Minuten entfernten sie sich wieder. Das Lager beruhigte sich allmählich, aber die Spannung blieb. Die Männer waren nervös, aggressiv. Kara und Lukas kauerten in ihrer Hütte und wagten kaum zu atmen. Später in dieser Nacht, als alles ruhig war, lag Kara wach in der Dunkelheit. Neben ihr schlief Lukas unruhig, sein Atem unregelmäßig.
Sie betrachtete sein Gesicht im schwachen Mondlicht, das durch das Fenster fiel. Er hatte in den letzten Tagen so viel Gewicht verloren. Sein Gesicht war eingefallen, seine Augen von dunklen Ringen umgeben. Sie selbst fühlte sich kaum besser. Ihr Körper schmerzte überall. Ihre Kleidung hing in Fetzen an ihr.
Aber schlimmer als der körperliche Schmerz war die emotionale Last, die Angst, die Hoffnungslosigkeit, die Schuldgefühle. Sie dachte an ihre Mutter, die zu Hause in Deutschland wartete, nicht wissend, was mit ihrer Tochter geschehen war. Sie dachte an Emma, die gewarnt hatte, daß Mexiko gefährlich sein könnte. Sie hatte recht gehabt und Clara hatte nicht zugehört.

Lukas wachte plötzlich auf, keuchend, als hätte er einen Albtraum gehabt. Clara legte sofort ihre Hand auf seine Brust. “Ich bin hier!”, flüsterte sie. “Du bist nicht allein.” Lukas griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. “Kara”, sagte er mit einer Dringlichkeit. die sie aufschreckte. Wenn wir hier nicht rauskommen, wenn das Schlimmste passiert, dann will ich, dass du weißt, dass diese anderthalb Jahre mit dir die besten meines Lebens waren.
Du hast mir gezeigt, was es bedeutet, wirklich zu leben, Risiken einzugehen, zu träumen, was auch immer passiert, ich bereue nichts. Klara spürte, wie ihre Augen sich mit Tränen füllten. Sag nicht so etwas, flüsterte sie verzweifelt. Wir werden hier rauskommen. Wir müssen. Lukas zog sie in seine Arme und hielt sie fest.
Ich weiß, sagte er leise. Ich weiß, aber falls nicht, musst du es wissen. Ich liebe dich, Kara Bergmann. Mehr als alles auf der Welt. Klara vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und weinte leise, damit die Wachen draußen es nicht hörten. “Ich liebe dich auch”, flüsterte sie zwischen Schluchzern. Ich liebe dich so sehr, Lukas Hoffmann.
Sie hielten sich die ganze Nacht aneinander fest, fanden Trost in der Wärme des anderen Körpers, in der Gewissheit, daß sie zumindest in diesem Moment nicht allein waren. Keine von beiden wusste, dass dies ihre letzte Nacht zusammen sein würde, dass am nächsten Morgen eine Entscheidung getroffen werden würde, die allesverändern würde, dass die Worte, die sie gerade ausgetauscht hatten, die letzten wären, die sie jemals zueinander sagen würden.
“Ich liebe dich.” Drei Worte, die für immer in der Zeit eingefroren bleiben würden. Der Morgen des 7. April begann mit dem Geräusch schwerer Stiefel auf dem Lehmboden. Kara wachte mit einem Ruck auf, ihr Herz bereits rasend, bevor ihr Verstand vollständig begriffen hatte, was geschah. Die Tür der Hütte wurde aufgestoßen.
Drei Männer standen im Eingang, ihre Silhouetten dunkel gegen das grelle Morgenlicht. Der Anführer war nicht dabei. Stattdessen war es der jüngere Mann mit dem Goldkättchen, den Kara bereits in der ersten Nacht gesehen hatte. “Aufstehen!” befahl er barsch. Beide jetzt. Klara und Lukas erhoben sich, klammerten sich aneinander.
“Was passiert?”, fragte Lukas, seine Stimme rau vom Schlafmangel. “Wohin bringt ihr uns?” Der Mann ignorierte die Frage. Er machte eine Geste und die beiden anderen Männer traten vor und trennten Klara und Lukas gewaltsam voneinander. “Nein!”, schrie Klara und kämpfte gegen die Hände, die sie festhielten. “Laßt ihn in Ruhe, Lukas!” Lukas versuchte zu ihr zu gelangen, aber er wurde zurückgestoßen.
“Kara”, rief er verzweifelt. “Was macht ihr mit ihr? “Laßt sie in Ruhe. “Nehmt mich, aber lasst sie gehen.” Die Männer zerrten Kara zur Tür. Sie drehte sich um. Ihre Augen trafen Lukas Blick ein letztes Mal. In diesem Moment, der vielleicht nur Sekunden dauerte, aber sich wie eine Ewigkeit anfühlte, sahen sie sich wirklich.
Sie sahen die Liebe, die Angst, die Verzweiflung. Lukas versuchte erneut sich loszureißen, aber ein Mann schlug ihm mit dem Gewehrkolben in den Magen. Er sank auf die Knie keuchend. Das letzte, was Kara von ihm sah, war sein Gesicht verzerrt vor Schmerz und Entsetzen, seine Hand ausgestreckt zu ihr. Das letzte, was er von ihr sah, waren ihre Augen geweitet vor Panik, Tränen auf ihren Wangen, ihr Mund, der stumm seinen Namen formte.
Dann wurde sie hinausgezogen und die Tür schlug zu. In Deutschland begann zur gleichen Zeit ein Tag wie jeder andere. Es war früher Morgen, die Sonne gerade aufgegangen. Monika Bergmann, Klaras Mutter, saß in ihrer Küche und trank ihren ersten Kaffee des Tages. Sie hatte seit 5 Tagen nichts von Kara gehört, aber das machte sie nicht übermäßig besorgt.
Klara hatte gesagt, dass sie in abgelegene Gebiete reisen würden, wo es möglicherweise keinen Handyempfang gab. Trotzdem konnte Monika das leichte Unbehagen nicht abschütteln. das sich in ihrer Brust festgesetzt hatte. Es war Mutterinstinkt, dieses Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte versucht es zu ignorieren, sich zu sagen, dass sie übertrieb, aber das Gefühl blieb.
Gegen 10 Uhr klingelte ihr Telefon. Die Nummer war unbekannt, international. Monika zögerte, dann nahm sie ab. Frau Bergmann fragte eine Männerstimme auf Deutsch, aber mit leichtem Akzent. Hier spricht Kommissar Thomas Müller von der deutschen Botschaft in Mexiko statt. Ich muss mit Ihnen über Ihre Tochter Kara sprechen.
Monikas Welt begann in diesem Moment zu zerbrechen. Kommissar Müller erklärte die Situation so sanft wie möglich, aber es gab keine Möglichkeit, die Härte der Wahrheit zu mildern. Klara und ihr Freund Lukas waren vermisst. Ihr Guide Carlos Mendoza hatte es zurück in sein Dorf geschafft, schwer verletzt und berichtet, daß sie von bewaffneten Männern überfallen worden waren.
Die mexikanischen Behörden waren alarmiert, eine Suche war im Gange. Und dann gab es das Video. Monika musste sich setzen, ihre Beine trugen sie nicht mehr. Sie hörte Müllers Worte, aber sie ergaben keinen Sinn. Vermisst. Überfallen Video. Es war als spräche er eine fremde Sprache. Bitte, flüsterte sie schließlich, ihre Stimme gebrochen.
Sagen Sie mir, dass mein Kind noch lebt. Müller zögerte einen Moment zu lang. Wir tun alles Menschenmögliche, um sie zu finden, Frau Bergmann. Aber ich muss ehrlich sein, die Situation ist ernst, sehr ernst. In Mexiko koordinierte Tenente Eduardo Vargas die Suche. Er war ein Veteran der mexikanischen Bundespolizei, hatte jahrzehnte Erfahrung im Kampf gegen organisierte Kriminalität, aber auch er wusste, dass die Chancen nicht gut standen.
Wenn diese jungen Deutschen tatsächlich in die Hände eines Kartells geraten waren, dann war die Wahrscheinlichkeit, sie Leben zu finden, erschreckend gering. Das Video, das sie an die Botschaft geschickt hatten, war ein Hoffnungsschimmer gewesen. Es bewies, dass die beiden zumindest zu diesem Zeitpunkt noch am Leben waren. Aber es war bereits drei Tage alt.
Viel konnte in drei Tagen geschehen. Wargas studierte das Video immer wieder, suchte nach Hinweisen auf den Standort. Im Hintergrund waren Geräusche zu hören, vielleicht Vögel, das Rascheln von Blättern, aber nichts Eindeutiges. Die Gesichter der beiden jungen Menschen auf dem Bildschirm verfolgten ihn so jung, so verängstigt, so verzweifelt.
Die Suche konzentrierte sich auf dasGebiet um die Zenote, wo Carlos berichtet hatte, dass der Überfall stattgefunden hatte. Teams von Spezialeinheiten durchkämten den Dschungel. Hubschrauber kreisten über dem Gebiet, aber der Dschungel war riesig, undurchdringlich, voller Verstecke.
Die Kartelle kannten das Terrain besser als jeder Polizist. Sie hatten Netzwerke von Verstecken, Fluchtwegen, Informanten. Am 12. April, 5 Tage nach Klaras Verschwinden, machte ein Suchtrup eine Entdeckung. In einem abgelegenen Gebiet, Kilometer vom ursprünglichen Suchgebiet entfernt, fanden sie Überreste eines verlassenen Lagers.
Es gab Anzeichen, dass das Lager hastig aufgegeben worden war. Zurückgelassene Ausrüstung, verkohlte Überreste von Dokumenten, Spuren von Fahrzeugen und dann in einem flachen Grab etwa 100 m vom Lager entfernt, fanden sie Klaras Körper. Die forensische Untersuchung würde später bestätigen, was bereits offensichtlich war.
Klara Bergmann war durch eine einzelne Schusswunde in den Hinterkopf gestorben. Die Art der Hinrichtung war brutal und effizient, typisch für Kartelloperationen. Der Tod war wahrscheinlich sofort eingetreten. Das war der einzige Trost, wenn man überhaupt von Trost sprechen konnte. Sie hatte nicht gelitten, zumindest nicht am Ende.
Bei ihr fanden sie persönliche Gegenstände, die ihre Identität zweifelsfrei bestätigten. Ein silbernes Armband, das ihre Mutter ihr zum 18. Geburtstag geschenkt hatte, ein zerrissenes Stück Stoff von dem T-Shirt, dass sie auf den Fotos aus Playa del Carmen getragen hatte. Aber von Lukas Hoffmann fand man keine Spur. Sein Körper wurde nie gefunden.
Die Nachricht erreichte Deutschland am 13. April. Kommissar Müller fuhr persönlich zu Monikas Haus, um es ihr zu sagen. Es gab keine gute Art, solche Nachrichten zu überbringen, aber er tat sein Bestes, um würdevoll und mitfühlend zu sein. Monika brach zusammen, als sie die Worte hörte. Ihre Schwester, die bei ihr war, fing sie auf, hielt sie, während sie schluchzte, ein Geräusch von so tiefer primitiver Trauer, dass Müller, der in seiner Karriere tausende schlechte Nachrichten überbracht hatte, Tränen in den Augen hatte. Ihr Kind war tot,
ermordet in einem fremden Land, weit weg von zu Hause, ihre letzten Tage verbracht in Angst und Verzweiflung. Keine Mutter sollte so etwas durchmachen müssen. Keine Familie sollte so leiden. Die deutschen Medien berichteten ausführlich über den Fall. Zwei junge Deutsche brutal ermordet von einem mexikanischen Drogenkartell.
Die Fotos von Klara und Lukas, lächelnd und voller Leben, erschienen auf Titelseiten und in Nachrichtensendungen. Emma Müller, Klaras beste Freundin, gab ein Interview. Ihre Stimme zitternd vor Emotion. Sie hatte mir gesagt, es würde alles gut gehen”, sagte Emma, Tränen strömend über ihr Gesicht. “Sie hatte so viel Vertrauen, so viel Hoffnung und jetzt ist sie weg, für immer weg.
” Die deutsche Regierung übte Druck auf Mexiko aus, die Verantwortlichen zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen, aber beide Seiten wußten, daß die Chancen gering waren. Kartellmitglieder zu identifizieren und zu verhaften, war extrem schwierig, und selbst wenn es gelang, führte es selten zu Verurteilungen.
Das mexikanische Justizsystem war überlastet, korrupt, von Gewalt durchsetzt. Klaras Beerdigung fand Ende April in ihrer Heimatstadt statt. Hunderte von Menschen kamen, um Abschied zu nehmen. Die Kirche war überfüllt. Freunde, Familie, Komelitonen, Professoren, Menschen, die Kara nie persönlich gekannt hatten, aber deren Geschichte sie berührt hatte.
Monika saß in der ersten Reihe ihr Gesicht eine Maske aus Schmerz und hielt ein gerahmtes Foto von Kara in den Händen. Das Foto zeigte Klara lachend am Strand von Playa del Carmen, das Meer hinter ihr, die Sonne in ihrem Haar. Es war aufgenommen worden von Lukas, nur wenige Tage bevor ihr Leben sich in einen Albtraum verwandelte.
In seiner Ansprache sprach der Pfarrer über Klas Lebensfreude, ihren Mut, ihre Liebe zum Abenteuer. Er sprach auch über die Sinnlosigkeit ihres Todes, die Ungerechtigkeit, dass ein so helles Leben so früh und brutal ausgelöscht worden war. Lukas Familie hielt eine separate Trauerfeier ab, da sein Körper nie gefunden wurde.
Sie errichteten ein symbolisches Grab neben dem seiner Großeltern. Auf dem Grabstein stand sein Name, sein Geburtsdatum und das Todesdatum, das angenommen wurde, darunter eine einfache Zeile, für immer in unseren Herzen. Seine Mutter sprach nie wieder über Mexiko. Sie konnte es nicht ertragen. Der Schmerz, nicht zu wissen, was genau mit ihrem Sohn geschehen war, wo sein Körper lag, ob er gelitten hatte, war unerträglich.
Die Familie würde nie Abschluss finden, nie wirklich trauern können, weil es immer diese quälende Frage geben würde. Was war wirklich passiert? Wo war Lukas? Die mexikanischen Behörden setzten ihre Ermittlungen fort, aber der Fall wurde allmählich kalt. Monate vergingen, dann Jahre.
Gelegentlich gab es neue Hinweise, Berichte von Informanten,mögliche Sichtungen von Personen, die der Beschreibung der Entführer entsprachen. Aber nichts führte zu konkreten Ergebnissen. Das Kartell, das vermutlich verantwortlich war, operierte weiter, unberührt von Gerechtigkeit. Carlos Mendosa, der Geid, erholte sich von seinen Verletzungen, aber er gab das Führen von Touren auf.
Die Schuld Kara und Lukas in diese Situation gebracht zu haben, verfolgte ihn. Er hatte nicht wissen können, daß das Kartell gerade in dieser Nacht ihre Routen benutzen würde. Aber diese Tatsache bot wenig Trost. Er hatte zwei Menschen verloren, die ihm anvertraut worden waren. Er würde sich nie vergeben.
10 Jahre später, im März 2019 erschien in einer deutschen Zeitung ein langer Artikel über den Fall. Der Journalist hatte ausführlich recherchiert mit allen Beteiligten gesprochen, die er finden konnte. Er hatte versucht, die Geschichte vollständig zu erzählen von den hoffnungsvollen Anfängen der Reise bis zum tragischen Ende.
Am Ende des Artikels war eine Sektion mit dem Titel Lektionen und Warnungen. Der Journalist schrieb über die Bedeutung von Reisesicherheit, über die Notwendigkeit, lokale Warnungen ernst zu nehmen, über die Gefahren in abgelegene Gebiete zu reisen, ohne angemessene Vorsichtsmaßnahmen. Er listete Empfehlungen auf. Immer jemandem zu Hause mitteilen, wo man ist.
regelmäßig einchecken, Satellitentelefone in Gebieten ohne Handyempfang mitnehmen, bei Buchungen von Guides sicherstellen, dass sie lizensiert und überprüft sind. Niemals Warnungen ignorieren, selbst wenn sie übertrieben erscheinen. Der Artikel endete mit Monikas Worten: “Sie hatte dem Journalisten ein letztes Interview gegeben, 10 Jahre nach dem Tod ihrer Tochter. Ihre Stimme war ruhiger jetzt.
Die akute Trauer hatte sich in eine chronische, dumpfe Melancholie verwandelt. “Ich möchte nicht, dass andere Familien durchmachen müssen, was wir durchgemacht haben”, sagte sie. “Kaara liebte das Abenteuer und ich will nicht, dass ihr Tod andere davon abhält, zu reisen, die Welt zu sehen. Aber ich flehe junge Menschen an.
Seid vorsichtig, seid klug, euer Leben ist kostbar, eure Familie liebt euch. Kein Abenteuer ist es wert, das zu verlieren.” Und dann mit Tränen in den Augen fügte sie hinzu. Die letzten Worte, die Kara zu mir sagte, waren: “Ich liebe dich.” Am Flughafen, als sie durch die Sicherheitskontrolle ging. “Ich liebe dich.
Das sind die Worte, an die ich mich klammere. Das ist alles, was mir bleibt. Der Fall von Kara Bergmann und Lukas Hoffmann wurde zu einem der bekanntesten Beispiele für die Gefahren, denen Reisende in bestimmten Regionen Mexikos ausgesetzt sein können. führte zu Veränderungen in der Art und Weise, wie Reisewarnungen kommuniziert wurden, zu strengeren Regulierungen für Tourgeids in gefährlichen Gebieten, zu besserer Zusammenarbeit zwischen deutschen und mexikanischen Behörden bei Fällen vermisster Touristen.
Aber für die Familien, für die Freunde, für alle, die Klara und Lukas gekannt und geliebt hatten, waren diese Veränderungen nur ein schwacher Trost. Zwei junge Leben waren verloren, voller Potenzial, voller Träume, ausgelöscht in einem Moment sinnloser Gewalt und alles was blieb, waren Erinnerungen und drei Worte, die für immer wiederhallen würden.
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Die Welt des Kinos steht still, seit die schockierende Nachricht aus dem kalifornischen Brentwood die Runde machte: Rob Reiner, der…
Das tragische Doppelleben des Chris Roberts: Die bittere Wahrheit hinter der Maske des ewigen Sunnyboys
In der glitzernden Welt des deutschen Schlagers der 1970er Jahre gab es kaum ein Gesicht, das so viel Zuversicht und…
Das letzte Geheimnis der Kessler-Zwillinge: Ein monatelang geplanter Pakt und ein erschütterndes Vermächtnis
Über Jahrzehnte hinweg waren Alice und Ellen Kessler das Inbegriff von Eleganz, Disziplin und vollkommener Synchronität. Wenn die langen, schlanken…
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