Die Stille nach dem Knacken: Wie ein Morgenlauf in Monte Carlo Alexander Zverevs Welt zum Stillstand brachte

Monte Carlo, am frühen Morgen. Ein malerischer Auftakt, der für Alexander Zverev, einen der besten Tennisspieler der Welt, einen ganz normalen Tag einleiten sollte. Sein blondes Haar war noch zerzaust vom Schlaf, der Himmel über der monegassischen Küste präsentierte sich wolkenlos und tiefblau. Zverev, im grauen Hoodie und brandneuen weißen Laufschuhen, freute sich auf eine leichte Joggingrunde am Strand, gefolgt von einem entspannten Frühstück und ein paar alltäglichen Einkäufen. Es war seine liebste Tageszeit: Die Straßen waren ruhig, die Luft still, nur das rhythmische Geräusch der Wellen gegen das Kopfsteinpflaster war zu hören.

Doch diese friedliche Morgenstimmung sollte jäh zerbrechen.

Etwa zwanzig Minuten nach seinem Start, während Zverev an einer Kurve in Meeresnähe eine Trinkpause einlegte, bog ein kleiner Lieferwagen scharf auf die schmale Küstenstraße ein. Vielleicht war der Fahrer unaufmerksam, vielleicht bremste er zu spät. Zverev wich reflexartig zurück, um eine Kollision zu vermeiden, doch hinter ihm befand sich eine vom Nachtregen rutschig gewordene Steinstufe. Er verlor das Gleichgewicht, sein Fuß rutschte am Straßenrand entlang, und dann, plötzlich, hörte er es: ein trockenes, scharfes Knacken. Ein stechender Schmerz schoss von seinem linken Knöchel bis in die Wade. Zverev brach zusammen, bleich im Gesicht, die Hände auf dem Boden.

Der Lastwagen hielt einige Meter entfernt. Der Fahrer sprang heraus, entschuldigte sich panisch. Doch für Zverev spielte das keine Rolle mehr. Er versuchte, seinen schweren Atem zu kontrollieren, konnte aber nicht aufstehen. Sein Knöchel schwoll in Sekundenschnelle an, brannte und wurde steif. Er kannte dieses Gefühl nur zu gut – es war keine harmlose Verstauchung. Ein Jogger, der in der Nähe war, zögerte nicht, das Handy zu zücken: „Hallo Krankenwagen, Notfall, schnell!“

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Die Panik in der Stille: Eine Fahrt, die alles verändert

Binnen weniger Minuten durchschnitt die Sirene die Stille der friedlichen Küstenstraße. Der Rücken des Tennisstars war schweißgebadet, nicht von der morgendlichen Anstrengung, sondern von blanker Angst. Zverev, der auf der Trage fixiert wurde, hatte in seinem Leben noch nie eine ernsthafte Verletzung außerhalb des Platzes erlitten. Der Gedanke, so lange außer Gefecht gesetzt zu sein, ließ sein Herz rasen.

Zwei Sanitäter eilten herbei, fixierten sein Bein vorsichtig mit einer Schiene und stellten die notwendigen, klinisch distanzierten Fragen: „Fühlen Sie ein Taubheitsgefühl oder Gefühlsverlust?“ „Nein, nur sehr starke Schmerzen“, antwortete Zverev mit zusammengebissenen Zähnen. Er wurde in den Krankenwagen geladen. Die Sirene hallte nun durch jede Kurve.

Alexander Zverev lag auf dem Rücken, der Blick starr zur Decke gerichtet, doch in seinen Gedanken tobte ein Sturm. Der Arzt neben ihm versuchte, ihn zu beruhigen: „Versuchen Sie tief zu atmen. Wir bringen Sie ins Princess Grace Hospital.“ Zverev nickte, doch seine Augen waren immer noch vor Schmerz verzogen. Jedes Schlagloch ließ seinen Knöchel pulsieren, als würde jemand einen Stahldraht darumspannen.

Aus dem kleinen Fenster beobachtete er, wie das normale Leben weiterlief: Menschen gingen mit ihren Hunden spazieren, Kaffeebuden öffneten, die Sonne schien auf die Kopfsteinpflasterstraßen. Diese ungerührte Normalität verdeutlichte ihm nur eines: Seine Welt war gerade erschüttert worden, während der Rest der Welt weitermachte.

Mitten in dieser beklemmenden Fahrt knisterte das Funkgerät. Die Krankenschwester meldete über die Sprechanlage die nüchternen Fakten: „Patient, 28 Jahre alt. Verdacht auf Fraktur des linken Knöchels. Puls stabil, Tachykardie 105.“ Bei diesen Zahlen schloss Zverev die Augen. Sein Herz raste nicht nur vor Schmerz, sondern vor Angst. Er erinnerte sich an Paris 2022, als er sich im Halbfinale der French Open den Knöchel verstaucht hatte – eine Verletzung, die ihn im Rollstuhl vom Platz zwang und Monate seiner Karriere kostete. Er wollte nicht, dass sich die Geschichte wiederholte, schon gar nicht zu Beginn einer vielversprechenden Saison.

Der Arzt bemerkte die Besorgnis: „Sie hatten schon einmal Knöchelverletzungen, oder?“ Zverev bejahte leise und bestätigte die Operation von damals. Die Hoffnung, dass es diesmal weniger schlimm sei, war das Einzige, was ihm blieb. Er klammerte sich an die Seite der Trage, musste an seine Familie in Hamburg denken, an seinen Vater, der ihn seit Beginn seiner Karriere begleitet hatte. Er wusste, dass sie sofort kommen würden.

Die Diagnose: Ein kleiner Bruch, ein großer Rückschlag

Im Prinzessin-Grace-Krankenhaus schloss sich die Tür zur Notaufnahme, was Zverev vom Lärm draußen isolierte. Er wurde in ein Krankenhausbett auf Rädern gelegt, sein Bein vorsichtig auf ein Kissen gehoben, um den Druck zu mindern. Dr. Mathurin Orthopädie, der junge Arzt in weißer Bluse, begrüßte ihn freundlich: „Hallo Alexander. Ich werde Sie kurz untersuchen, bevor wir Sie zum Röntgen schicken.“

Der Arzt tastete vorsichtig seinen Knöchel und seine Mittelfußknochen ab. Zverev versuchte, ruhig zu bleiben, doch jeder Druck auf eine empfindliche Stelle ließ ihn zusammenzucken. „Ja, hier tut es weh. Und auch da unten.“ Der Arzt nickte und bestätigte die starke Schwellung, konnte aber noch keinen definitiven Bruch feststellen. Röntgenbilder und vielleicht ein MRT waren notwendig.

Die Fahrt in den Röntgenraum brachte die Erinnerungen an Paris 2022 mit voller Wucht zurück. Die kalte Stille des Publikums, die erdrückende Ungewissheit, die sieben Monate, die er brauchte, um zurückzukehren. Würde ihm dieser Sturz nun erneut die Saison rauben?

Der Röntgenraum war hell. Das Klicken der Maschine, die Aufnahmen machte, war wie ein Messer, das seine Geduld prüfte. Nach zehn Minuten war es geschafft. Zurück in der Notaufnahme starrte Zverev mit klopfendem Herzen an die Decke.

Dann kehrte Dr. Mathurin zurück, einen warmen Röntgenfilm in der Hand, den er auf die Leuchtplatte legte. Das Licht beleuchtete sein Gesicht, als er mit langsamer, klarer Stimme begann: „Alexander, die gute Nachricht ist, dass der Knochen nicht vollständig gebrochen ist. Aber es gibt einen kleinen Bruch im Außenknöchel und einen Bänderriss.“

Zverev schloss die Augen und atmete tief durch. Ein Teil von ihm war erleichtert, dass es sich nicht um einen schweren Bruch handelte, der eine sofortige Operation erfordert hätte. Doch der andere Teil wurde von der harten Realität eingeholt: Der Bruch und der Bänderriss bedeuteten Wochen, wenn nicht Monate, Pause.

Die Anweisung des Arztes war klar: „Wir werden einen provisorischen Gipsverband anlegen, um es zu stabilisieren. Dann müssen Sie sich mindestens die ersten zwei Wochen absolut schonen. Keine Belastung des Beins, kein Laufen, kein Tennis. Dann sehen wir uns das noch einmal an.“ Als er das Wort „kein Tennis“ hörte, sank Zverev das Herz. Für einen Profisportler bedeutete jeder Tag ohne Training einen Verlust – von Ranglistenpunkten, von Rhythmus, von Chancen. Dr. Mathurin warnte eindringlich: „Wichtig ist, dass Sie sich nicht beeilen. Wenn es wieder passiert, sind die Folgen viel schlimmer.“

Schrecklich!“ Hamburger Tennis-Star Zverev stürzt in seiner Wahl-Heimat ab  | MOPO

Die emotionale Last: Familie und die lange Reise

Der Geruch von Gips, vermischt mit Wasser, lag in der Luft, als die Krankenschwester begann, seinen linken Knöchel zu verbinden. Mit jedem Verband, der seinen Fuß und fast sein Knie bedeckte, wurde die Wahrheit deutlicher: Selbst die einfachsten Schritte würden von nun an eine Herausforderung sein. Der Gips würde vier bis sechs Wochen halten, gefolgt von der intensiven Rehabilitationsphase.

In Gedanken war Zverev bereits damit beschäftigt, seine Familie anzurufen. Das Telefon lag auf dem Nachttisch. Als er es einschaltete, stürmte die Welt draußen herein – eine Welt voller Termine und Erwartungen, der er sich gerade nicht stellen konnte.

Die erste Nummer, die er wählte, war die seiner Mutter. Nach ein paar Klingelzeichen erklang ihre warme Stimme. „Sascha, rufst du schon so früh an?“ Er schluckte. „Mama, ich hatte einen kleinen Unfall in Monte Carlo. Ich habe mir den Knöchel gebrochen.“ Am anderen Ende herrschte eine lange Stille, dann ihre leicht zitternde Stimme: „Wir fliegen rüber. Dein Vater wird sofort ein Ticket buchen. Mach dir keine Sorgen, ruh dich einfach aus.“ Zverev wusste, dass seine Familie sein zweites Team war, doch die Tatsache, dass sie den ganzen Weg aus Hamburg fliegen mussten, lastete schwer auf seinem Herzen.

Beim zweiten Anruf wählte er Sophia. Ihre Stimme klang mit der vertrauten Energie. „Du bist schon so früh wach, trainierst du?“ Er versuchte zu lächeln. „Nein, ich bin im Krankenhaus.“ Ihre Reaktion war unmittelbar, ohne Panik, aber mit fester Entschlossenheit: „Ich bin gleich da. Beweg dein Bein nicht. Hast du starke Schmerzen?“ Er versuchte, ihre Bedenken zu zerstreuen, doch sie wies ihn zurecht: „Vergiss es, ich bin gleich da.“

Nachdem er aufgelegt hatte, warf sich Zverev zurück ins Kissen. Die Schritte im Flur, das Rollen anderer Krankenhausbetten, der Geruch von Desinfektionsmittel – all das nahm einen ungewohnten Rhythmus an. Es war nicht das gewohnte Geräusch von Schläger und Ball, sondern das langsame Tempo des Krankenhausalltags. Er wusste, dass ihm eine lange Zeit der Inaktivität bevorstand, die nicht nur seinen Körper, sondern auch seinen Geist auf die Probe stellen würde. Doch gemischt mit der Unsicherheit lag in seinen Augen auch Entschlossenheit: Er hatte diese Art von Verletzung einmal überwunden, und er würde es wieder schaffen. Doch dieses Mal würde es mehr als nur körperliche Stärke erfordern, um zurückzukommen. Es würde eine mentale Meisterleistung.