Niemand, so scheint es, konnte ahnen, welche tektonischen Verschiebungen sich auf der europäischen Bühne anbahnen würden. Am allerwenigsten jene, die in Berlin und Brüssel seit Jahren jedes Detail der EU-Politik auf die Goldwaage legen. Doch genau jetzt, in einem Moment tiefer politischer Fragilität in Deutschland, hat die italienische Premierministerin Giorgia Meloni mit einer einzigen Aussage das politische Machtgefüge in Europa bis ins Mark erschüttert.

Ihr Satz – diplomatisch verpackt, aber inhaltlich messerscharf – schlug in der deutschen Hauptstadt ein wie ein Donnerschlag. Er lässt kaum eine andere Deutung zu als eine indirekte, aber unmissverständliche Legitimierung der AfD, jener politischen Kraft, die das Establishment in Deutschland seit Jahren in Aufruhr versetzt. Ausgerechnet Meloni, die für viele das Gesicht der neuen, selbstbewussten konservativen Welle in Europa ist, sendet ein Signal aus Rom, das selbst erfahrene Beobachter zutiefst überrascht. Was in Deutschland als radikaler Bruch mit europäischen Prinzipien galt, wird durch Meloni plötzlich zum europaweiten, salonfähigen Regierungsprogramm erhoben.

Die Brandmauer, die längst ein Bröselwerk ist

Das politische Klima in Deutschland ist angespannter als selten zuvor. Während in Berlin weiter heftig über die sogenannte „Brandmauer“ gestritten wird – darüber, ob sie existiert oder ob sie nicht längst nur noch ein Bröselwerk ist – zeichnen die neuesten Umfragen ein politisches Inferno für die etablierten Parteien. Die AfD liegt mit 27 Prozent klar vor der Union, die auf rund 24,5 Prozent abrutscht. Längst ist dies kein kurzfristiger Protesttrend mehr. Es ist der sichtbare Ausdruck einer tiefen Entfremdung zwischen weiten Teilen der Bevölkerung und der politischen Elite des Landes.

Die SPD und die Grünen stagnieren bei ernüchternden 14 und 11 Prozent. Doch die wahre Demütigung für die Regierungsparteien manifestiert sich in der fiktiven Kanzlerfrage: Alice Weidel von der AfD liegt mit 29 Prozent vor Friedrich Merz, dem Kanzler der Union, der nur noch auf 27 Prozent kommt. Das Vertrauen in die aktuelle Führung erodiert sichtbar, und genau in dieses explosive Gemisch hinein sendet Meloni ihre Botschaften, die in Berlin mit größter Aufmerksamkeit, wenn nicht sogar Angst, verfolgt werden.

Der verbale Paukenschlag, der die Debattenkultur entlarvt

Melonis Kritik an der Europäischen Union ist rhetorisch präzise und inhaltlich fundiert. Sie wirft der EU vor, geopolitisch bedeutungslos zu werden und den massiven Herausforderungen durch China und die USA kaum etwas entgegenzusetzen. Ihr zentraler Appell: Europa müsse seine Wurzeln, seine Geschichte und seine Seele wiederentdecken. Worte, die in einem Moment ausgesprochen werden, in dem viele Europäer das Gefühl haben, in einer politischen und wirtschaftlichen Sackgasse zu stecken.

Noch brisanter wurde ihre Rede, als Meloni sich offen der Einschätzung des US-Vizepräsidenten J.D. Vance anschloss. Vance hatte Europa davor gewarnt, die Meinungsfreiheit und die demokratische Debattenkultur nicht ausreichend zu schützen. Solche Aussagen lösen in Brüssel normalerweise scharfe Reaktionen aus. Doch Meloni wählte einen ungewöhnlich klaren Satz, der in Deutschland die Alarmglocken schrillen ließ: „Ich muss sagen, dass ich zustimme.“

Genau dieser Satz ist der eigentliche Paukenschlag. Denn die Kritik an einer eingeschränkten, oft tabuisierten Debattenkultur wird in Deutschland von vielen Bürgern und insbesondere von der AfD geäußert. Melonis Zustimmung aus Rom adelt dieses Narrativ plötzlich auf europäischer Ebene und macht es von einer vermeintlichen Außenseiterposition zu einer legitimen Regierungskritik.

Die Allianz gegen den Europäischen Gerichtshof

Meloni begnügt sich jedoch nicht mit Worten. Gemeinsam mit acht weiteren Staaten, darunter Polen, Dänemark und Österreich, startete sie eine politische Initiative gegen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Kritik ist fundamental: Der EGMR lege die Menschenrechtskonvention zu weit aus und beschneide damit zunehmend die demokratische Souveränität der Nationalstaaten.

Im Zentrum dieser Initiative steht die Migrationspolitik. Es geht um die Frage, ob Staaten selbst entscheiden dürfen, wie sie ihre Grenzen schützen und Rückführungen organisieren. Meloni argumentiert, dass die geopolitische Realität sich fundamental verändert habe und die Konvention modernisiert werden müsse, um in der heutigen Welt praktikabel zu bleiben.

Mit dieser Initiative greift Meloni gleichzeitig einen der zentralen Pfeiler der deutschen Asylpolitik an, die sich stark auf richterliche und überstaatliche Entscheidungen gestützt hat. Sie trifft damit einen Nerv der AfD, die konsequent fordert, nationale Entscheidungsspielräume zurückzugewinnen und nationales Recht über EU-Regelungen zu stellen. Die Botschaft, die Meloni aussendet, ist nichts weniger als eine außenpolitische Legitimation für Positionen, die in Deutschland als inakzeptabel diffamiert wurden. Ihr Schulterschluss mit anderen europäischen Regierungen zeigt, dass diese Forderungen nicht länger als deutsche Besonderheit gelten, sondern eine europaweite Debatte über Souveränität und nationale Identität widerspiegeln.

Die innere Revolte der Union

Parallel zur Legitimierung durch Rom beginnt in Deutschland die Brandmauer gegen die AfD von innen heraus zu bröckeln. Innerhalb der CDU mehren sich prominente Stimmen, die eine neue Linie im Umgang mit der Partei fordern. Ehemalige prägende Figuren wie Peter Tauber, Karl-Theodor zu Guttenberg und Andreas Röder sprechen sich dafür aus, die pauschale Ausgrenzung zu hinterfragen. Auch Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt und die Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig kritisieren die bisherige Strategie und fordern sogar, der AfD demokratische Rechte wie Ausschussvorsitze zuzugestehen.

Die Umfragen untermauern die Notwendigkeit dieses Kurswechsels: Eine Mehrheit der Deutschen glaubt, dass die Politik der Regierung unter Friedrich Merz das Wachstum der AfD eher beschleunigt als bremst. Die Brandmauer wirkt nicht. Sie verstärkt das, was sie eigentlich verhindern soll, indem sie den Eindruck einer abgehobenen politischen Klasse zementiert, die lieber Mauern baut, als Probleme zu lösen.

Der Dreifach-Schlag aus Berlin: Rentenchaos, Infrastruktur-Bankrott und Korruptionssumpf

Die innere Krise in Deutschland geht weit über den Umgang mit der Opposition hinaus. Das politische Berlin unter der Union und SPD kämpft mit einem massiven Vertrauensverlust und offenkundiger Handlungsunfähigkeit in zentralen Bereichen. Nach aktuellen Umfragen vertrauen nur noch 17 Prozent der Bürger der Bundesregierung.

1. Die Renten-Zeitbombe: 115 Milliarden Euro Schulden

Im Mittelpunkt der aktuellen Auseinandersetzungen steht die Zukunft der Alterssicherung, ein Thema, dessen Fehlentscheidungen über Jahrzehnte nachwirken. Die Regierung steuert hier aus Sicht vieler Experten in eine Richtung, die kaum verantwortbar erscheint. Während man nach außen den Eindruck politischer Stabilität erzeugen will, bricht hinter verschlossenen Türen die Einigkeit zusammen.

Die sogenannte „Junge Gruppe“ innerhalb der Unionsfraktion, Abgeordnete, die eigentlich für Zukunft und Aufbruch stehen sollen, rebelliert offen gegen das geplante Rentenpaket. Ihre Ablehnung ist potenziell entscheidend, da die Regierungsmehrheit hauchdünn ist. Es geht um gigantische Summen: 115 Milliarden Euro an Folgekosten, eine finanzielle Last, die die jüngere Generation über Jahrzehnte ohne erkennbaren Nutzen tragen müsste. Die Reaktion der Koalitionsspitze: kosmetische Änderungen und symbolische Flickarbeit in nächtlichen Sitzungen, statt echte Lösungen zu erarbeiten. Das Vertrauen in die politische Klasse bröckelt weiter, und die AfD profitiert genau dort, wo die Regierung als handlungsunfähig erscheint.

2. Infrastruktur-Stillstand: Die Bankrotterklärung auf der Straße

Ein Bericht der „Bild“-Zeitung liefert eine politische Bankrotterklärung der Regierung: Trotz eines milliardenschweren Sondervermögens wird bis zum Ende der Legislaturperiode keine einzige neue Autobahn oder Bundesstraße gebaut. Das Geld steht bereit, doch es verpufft, ohne dass sichtbare Ergebnisse entstehen. Noch dramatischer: Selbst der Erhalt des bestehenden Straßennetzes ist nicht gesichert. Schon im kommenden Jahr klafft im Etat ein Loch von fast zehn Milliarden Euro. Dutzende Projekte, die längst geplant und genehmigt sind, müssen auf Eis gelegt werden. Die ehrliche Antwort auf die Frage, wie man dies dem Land erklären solle, lautet: Es lässt sich nicht erklären. Es zeigt, wie weit der Staat an zentralen Stellen seine Handlungsfähigkeit verloren hat.

3. Der Korruptionssumpf: Moralischer Verfall im Herzen der Macht

Zu all diesen Krisen gesellt sich ein weiterer Skandal, der das politische Berlin erschüttert und die Frage der politischen Moral aufwirft. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, ein enger Vertrauter von Kanzler Merz, sieht sich schweren Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Recherchen legen nahe, dass seine Firma bei exklusiven Events direkten Zugang zu Regierungsmitgliedern verkauft haben soll – zu Preisen im vierstelligen Bereich für ein einziges Abendessen.

EU Summit: Meloni Pushes Europe to Get Tougher on Migrants - Bloomberg

Das System dahinter wird von der Opposition als „widerliche Schlangengrube“ bezeichnet. Weimers Reaktion, von einer gezielten Kampagne zu sprechen, verfängt diesmal nicht. Selbst CDU-nahe Politiker fordern Aufklärung. Die AfD verlangt offen seinen Rücktritt. Doch Kanzler Merz schweigt. Dieses Schweigen wird für viele Bürger zum Symbol einer Politik, die sich vor Verantwortung wegduckt, während die Probleme des Landes ungelöst bleiben.

Berlin baut Mauern, Rom schmiedet Allianzen

All dies ergibt ein Bild, das kaum dramatischer sein könnte. Die Regierung unter Merz scheitert in zentralen Bereichen: Generationengerechtigkeit, Infrastruktur, politische Moral und demokratische Repräsentation.

Melonis Worte wirken wie ein Echo aus einer anderen politischen Welt – einer Welt, in der Regierungen Entscheidungen treffen, nationale Interessen vertreten und Debatten nicht durch ideologische Tabus ersticken. Während Rom Allianzen schmiedet und selbstbewusst einen neuen Kurs markiert, baut Berlin Mauern.

Das EU-Parlament hat jüngst mit knapper Mehrheit eine Lockerung des umstrittenen Lieferkettengesetzes beschlossen. Bemerkenswert: Die Europäische Volkspartei (EVP), zu der CDU und CSU gehören, stimmte gemeinsam mit konservativen und rechten Fraktionen, darunter der AfD, dafür. Plötzlich stellt sich die Frage: Warum sind solche Mehrheiten in Brüssel möglich, aber in Berlin undenkbar? Die Antwort lautet weiterhin: die Brandmauer. Ein ideologisches Bollwerk, das längst keine Probleme mehr löst, sondern notwendige Lösungen verhindert.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Die AfD liegt bei 26 Prozent, die Union bei 23 Prozent. Nie war der Abstand größer, und erstmals sagen weniger als 50 Prozent der Deutschen, dass sie die AfD grundsätzlich ausschließen würden. Das maximale Wählerpotenzial der Partei erreicht 33 Prozent – ein historischer Höchststand.

Der politische Donnerschlag aus Rom hat die tektonischen Platten in Bewegung gesetzt. Melonis Signal ist eine Bestätigung jener Positionen, die die AfD vertritt, und hat das deutsche Establishment in Erklärungsnot gebracht. Die Frage lautet nicht mehr, ob die Brandmauer fällt, sondern wie lange sich dieses Ungleichgewicht zwischen den selbstbewusst agierenden Nationalstaaten und einer innerlich zerstrittenen, handlungsunfähigen Berliner Regierung noch aufrechterhalten lässt. Die Ära der Tabus neigt sich in ganz Europa ihrem Ende zu.