Es gibt Momente im Deutschen Bundestag, in denen die übliche Routine durchbrochen wird, in denen die diplomatischen Floskeln weichen und die nackte, ungeschminkte Konfrontation den Raum erfüllt. Ein solcher Moment ereignete sich jüngst, als AfD-Chefin Alice Weidel ans Rednerpult trat. Was folgte, war keine gewöhnliche Oppositionsrede, sondern eine Generalabrechnung mit Friedrich Merz und der CDU, die an Schärfe und Dramatik kaum zu überbieten war. Die Luft im Plenarsaal schien zu brennen, als Weidel Punkt für Punkt, Versprechen für Versprechen, die Glaubwürdigkeit des Unionskanzlerkandidaten demontierte.

Die Liste der gebrochenen Versprechen

Gleich zu Beginn ihrer Rede machte Weidel klar, dass es heute keine Gefangenen geben würde. Sie warf Friedrich Merz vor, eine Politik des Wortbruchs zur Methode gemacht zu haben. “Sie haben nämlich jedes Wahlversprechen gebrochen”, donnerte sie in Richtung der Unionsbank. Die Liste, die sie präsentierte, war lang und schmerzhaft detailliert.

Weidel erinnerte an die vollmundigen Ankündigungen der CDU vor der Wahl: die Rückkehr zur Kernkraft, die Abschaffung des ungeliebten Heizungsgesetzes, das Ende des Verbrennerverbots. All dies sei versprochen und dann – so Weidel – klammheimlich wieder einkassiert worden. Besonders schwer wog ihr Vorwurf beim Thema Schuldenbremse. Was einst als heilige Kuh der Union galt, sei durch einen “Finanzstaatsstreich” ausgehebelt worden, um noch mehr Geld für linke Projekte lockerzumachen. Für Weidel ist klar: Merz steht nicht für einen Neuanfang, sondern für ein “Weiter so” der Merkel-Jahre, nur in einem neuen Gewand.

Angst und Gewalt: Der offene Nerv der Gesellschaft

Doch es war nicht die Finanzpolitik, die für die emotionalsten Momente sorgte. Es war das Thema, das die Gesellschaft wie kein anderes spaltet: die innere Sicherheit und die Migration. Weidel scheute sich nicht, dorthin zu gehen, wo es wehtut. Sie konfrontierte Merz mit seinem Schweigen zu linksextremer Gewalt und Brandanschlägen auf die Infrastruktur. “Wo bleibt ihre klare Verurteilung?”, fragte sie und warf ihm vor, im “linksgrünen Lager um Unterstützung zu betteln”.

Dann wurde es persönlich und tragisch. Weidel nannte Namen und Schicksale, stellvertretend für viele Opfer. Sie sprach von Diana, die in Friedland von einem abgelehnten Asylbewerber vor einen Zug gestoßen wurde. Sie sprach von der Angst der Frauen, sich nachts im öffentlichen Raum zu bewegen, von Messerangriffen und Gruppenvergewaltigungen, die zur “echten Epidemie” geworden seien.

Hier zeigte sich die rhetorische Strategie Weidels: Sie verknüpfte diese schrecklichen Taten direkt mit der politischen Verantwortung derer, die seit 2015 regiert haben – und nahm dabei die CDU unter Merkel und nun unter Merz voll in die Pflicht. Für Weidel sind Grenzkontrollen, die 98 Prozent der Illegalen durchlassen, bloße “Symbolpolitik”. Sie fordert einen radikalen Kurswechsel: lückenlose Grenzschließungen, sofortige Zurückweisungen und “Sach- statt Geldleistungen”, um den Magneten Deutschland abzuschalten.

Der Vorwurf des Verrats an der Wirtschaft

Ein weiterer Pfeiler ihrer Attacke war die wirtschaftliche Lage Deutschlands. Weidel malte das Bild eines Landes, das durch grüne Ideologie deindustrialisiert wird. Sie warf Merz vor, das “grüne Narrenschiff” einfach weitersteuern zu wollen, anstatt es zu stoppen. Ob Energiewende, Klimaschutzfonds oder die Finanzierung von NGOs – für Weidel ist das alles Geldverschwendung auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung.

“Die produzierende Industrie werden Sie damit umso zuverlässiger aus dem Land treiben”, prophezeite sie. Ihre Warnung ist düster: Wenn die großen Hersteller erst einmal weg sind, schließen sie die Tür hinter sich zu, und Deutschland bleibt mit seinen Schulden und seiner Arbeitslosigkeit allein zurück. Sie kritisierte scharf, dass Merz trotz dieser Aussichten plant, die Sozialabgaben weiter zu erhöhen und dem Mittelstand durch neue Erbschaftssteuerpläne an die Substanz zu gehen.

Kriegstreiberei und die Angst vor dem Dritten Weltkrieg

Vielleicht am beängstigendsten war Weidels Analyse der Außenpolitik. Sie bezeichnete Friedrich Merz als “Kriegsherrn der Geisterarmeen” und warf ihm vor, sich in eine gefährliche “Kriegstreiberei” verrannt zu haben. Während Donald Trump in den USA versuche, den Ukraine-Krieg zu beenden, würden Merz und die Ampel-Regierung alles tun, um das Sterben zu verlängern und einen “Propagandafeldzug” für einen russischen Angriff zu führen, den es gar nicht gebe.

“Mit dieser Kriegstreiberei riskieren Sie die Eskalation zu einem unkontrollierbaren Weltkrieg”, warnte Weidel eindringlich. Sie appellierte an das Parlament, deutsche Söhne nicht für fremde Interessen in den Tod zu schicken. Es war ein Plädoyer für Isolationismus und nationale Interessen, das in direktem Kontrast zur transatlantischen Ausrichtung von Friedrich Merz steht.

Das Fazit: Zwei Welten prallen aufeinander

Am Ende ihrer Rede stand eine klare Forderung: Einsparungen bei allem, was Weidel als “ideologischen Ballast” empfindet – Entwicklungshilfe, EU-Zahlungen, Bürgergeld für Ausländer – und eine Konzentration auf die eigenen Bürger.

Der Auftritt von Alice Weidel war mehr als nur eine Rede; er war eine Kampfansage. Sie hat Friedrich Merz als jemanden dargestellt, der keine eigenen Überzeugungen hat, der sich dem Zeitgeist beugt und der Deutschland in den Ruin führt. Ob man Weidels Ansichten teilt oder sie strikt ablehnt – man kann nicht leugnen, dass sie die wunden Punkte der aktuellen Politik treffsicher adressiert hat.

Friedrich Merz musste sich an diesem Tag warm anziehen. Die Angriffe waren persönlich, politisch und fundamental. Weidel hat gezeigt, dass die AfD nicht vorhat, der CDU den Platz der bürgerlichen Opposition kampflos zu überlassen. Im Gegenteil: Sie stellt die Union als Teil des Problems dar, nicht als Teil der Lösung. Diese Debatte wird noch lange nachhallen, denn sie zeigt, wie tief die Gräben in unserem Land wirklich sind. Es geht nicht mehr nur um Nuancen, es geht um die grundsätzliche Richtung: Globalismus oder Nationalstaat, “Weiter so” oder radikaler Bruch. Alice Weidel hat ihre Wahl getroffen. Und sie zwingt Friedrich Merz und die Wähler, sich ebenfalls zu entscheiden.