“Wir vertrauen Ihnen unsere Kinder nicht an”: Chrupalla zerlegt Merz-Politik in historischer Wutrede

Es sind Momente wie dieser, die in die Geschichte des Deutschen Bundestages eingehen könnten. Die Atmosphäre im Plenarsaal war zum Zerreißen gespannt, als Tino Chrupalla, Co-Vorsitzender der AfD, ans Rednerpult trat. Was folgte, war keine gewöhnliche Oppositionsrede, sondern eine Generalabrechnung mit der Politik von Bundeskanzler Friedrich Merz, die an Schärfe und persönlicher Härte kaum zu überbieten war. Das Video der Rede verbreitet sich derzeit wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken – und das aus gutem Grund. Denn Chrupalla sprach Themen an, die vielen Bürgern unter den Nägeln brennen: Kriegsangst, wirtschaftlicher Niedergang und das Gefühl, von der politischen Elite verraten zu werden.

Die Angst um die eigene Jugend

Der emotionalste und wohl auch beängstigendste Punkt der Rede kam gegen Ende, als Chrupalla direkt auf die Pläne einer “multinationalen Truppe” für die Ukraine einging. Mit einer Dringlichkeit, die den Ernst der Lage unterstrich, warf er dem Kanzler vor, an der “Eskalationsspirale” zu drehen. “Sie sprechen von Sicherheiten für die Ukraine, meinen aber Aufrüstung und den Aufbau neuer Bedrohungsszenarien”, donnerte der AfD-Chef in Richtung der Regierungsbank.

Der Vorwurf wiegt schwer: Merz plane oder nehme zumindest billigend in Kauf, durch seine Politik einen Spannungsfall zu initiieren, der am Ende dazu führen könnte, dass deutsche Wehrdienstleistende in der Ukraine eingesetzt werden. Der Satz “Wir vertrauen Ihnen unsere Kinder nicht an” hallte noch lange nach. Er trifft den Nerv einer Elterngeneration, die ihre Söhne und Töchter nicht in einem geopolitischen Konflikt geopfert sehen will, der ihrer Meinung nach nicht der ihre ist. Chrupalla positionierte seine Partei hier klar als “Friedenspartei”, die sich gegen die Wiedereinsetzung des Wehrdienstes zum jetzigen Zeitpunkt stellt – ein Narrativ, das angesichts der globalen Unsicherheiten auf fruchtbaren Boden fällt.

“BlackRock-Methoden” im Kanzleramt?

Doch nicht nur die Außenpolitik stand im Fokus. Chrupalla attackierte Merz auch scharf für seinen Umgang mit Finanzen und zog Parallelen zu dessen Vergangenheit beim Vermögensverwalter BlackRock. Der Plan der Bundesregierung, eingefrorenes russisches Staatsvermögen zu enteignen und der Ukraine zur Verfügung zu stellen, sei “übergriffig” und “widerrechtlich”. “Fremdes Geld, das Steuergeld der Deutschen, gibt sich eben gleicher aus als das eigene”, so der zynische Kommentar Chrupallas.

Er warnte davor, dass Deutschland am Ende für eventuelle Zahlungsausfälle haften müsse, sollte dieser Plan rechtlich scheitern oder Russland Vergeltung üben. Die Vorstellung, dass der deutsche Steuerzahler für riskante Finanzmanöver der Regierung geradestehen muss, während im eigenen Land die Infrastruktur bröckelt, ist für viele Wähler ein rotes Tuch. Chrupalla malte das Bild eines Kanzlers, der nach der Devise “Mit fremdem Geld lässt sich gut wirtschaften” agiert – eine Attacke, die direkt auf die Glaubwürdigkeit und Kompetenz des ehemaligen Finanzmanagers Merz zielt.

Eine Wirtschaft im freien Fall

Die Zahlen, die Chrupalla präsentierte, zeichnen ein düsteres Bild der Bundesrepublik im Jahr 2025. “Wir haben in Deutschland im Jahr 2025 fast 1000 Industriearbeitsplätze pro Tag verloren”, rechnete er vor. Dazu kämen 60 Pleiten pro Tag. Es treffe das Herz der deutschen Wirtschaft: die Automobilindustrie, die Zulieferer, das Handwerk. “Weg heißt weg”, stellte er resigniert fest und wies darauf hin, dass die politischen Verantwortlichen zwar die Entscheidungen träfen, aber die kommenden Generationen das Dilemma ausbaden müssten.

Die Deindustrialisierung, getrieben durch hohe Energiepreise und Sanktionen, sei kein Unfall, sondern eine direkte Folge der Regierungspolitik. Chrupalla kritisierte, dass man “mutwillig” einen Konflikt mit dem wichtigsten Energielieferanten Russland suche, statt – wie etwa Donald Trump in den USA – auf Verhandlungen zu setzen. Der Verweis auf Trump war dabei strategisch klug gewählt: Während der US-Präsident sich aus der Finanzierung des Krieges zurückziehe, solle Europa und speziell Deutschland die Zeche zahlen. “70 Milliarden Euro Schulden” für Waffenlieferungen seien eine Last, die man dem deutschen Bürger nicht mehr zumuten könne.

Der Osten lässt sich nicht belehren

Ein weiterer Höhepunkt der Konfrontation war der persönliche Angriff bezüglich der ostdeutschen Identität. Merz hatte sich in der Vergangenheit angeblich geäußert, er habe “Glück gehabt, im Westen aufgewachsen zu sein”. Chrupalla, selbst Ostdeutscher, nutzte diese Steilvorlage für einen verbalen Konter, der saß. Er warf dem Kanzler “Unvermögen mit Menschen umzugehen” vor und stellte klar: “Wir wollen nicht die alte Bundesrepublik zurückkehren.”

Der Satz “Sie hätten uns im Osten gerade noch gefehlt” war mehr als nur eine Spitze; er war Ausdruck eines tiefen Risses, der noch immer durch das Land geht. Chrupalla inszenierte sich als Anwalt der Ostdeutschen, die sich von einer westdeutsch geprägten Elite oft herablassend behandelt fühlen. Indem er Merz diese Arroganz vorwarf, punktete er nicht nur bei seiner Stammwählerschaft, sondern sprach auch jene an, die sich von “denen da oben” nicht mehr repräsentiert sehen.

Fazit: Ein Kanzler unter Beschuss

Die Rede von Tino Chrupalla war ein rhetorischer Rundumschlag. Sie verknüpfte die großen Angstthemen unserer Zeit – Krieg, Armut, Identitätsverlust – geschickt miteinander und lud sie bei einer Person ab: Friedrich Merz. Ob man den Positionen der AfD zustimmt oder nicht, eines lässt sich nicht leugnen: Chrupalla hat den Finger in offene Wunden gelegt.

Die Frage, ob man dieser Regierung “seine Kinder anvertrauen” kann, ist keine rein rhetorische mehr. Sie ist zur existenziellen Sorge vieler Familien geworden. Während die Regierungsparteien versuchen, Kurs zu halten, zeigt diese Debatte, wie massiv der Druck im Kessel bereits ist. Es geht nicht mehr nur um Prozentpunkte bei der nächsten Wahl, es geht um die grundlegende Ausrichtung Deutschlands: Frieden oder Eskalation, Wohlstand oder Niedergang. Und Tino Chrupalla hat klar gemacht, dass er und seine Fraktion nicht bereit sind, den Kurs des Kanzlers schweigend hinzunehmen.